Mit dem Rad von Patras nach München

April-Juni 2024
Dieses Jahr ist es soweit: wir haben beide die Arbeitswelt hinter uns gelassen! Kein Zeitdruck mehr, der einem mehrwöchigen Bikepacking Abenteuer im Weg steht. Wie grandios ist das denn?
Wir möchten den Frühling und Frühsommer im sonnigen Süden genießen, Berge und einsame Natur erleben und Kontakt zu vielen unterschiedlichen Kulturen haben. Unsere Wahl fällt somit auf die für uns größtenteils unbekannten, westlichen Balkanländer, die wir im Landesinneren entlang der Dinarischen Alpen durchqueren wollen. Die Veröffentlichung der neu entwickelten Trans Dinarica Fahrradroute war für Ende Juli geplant, leider zu spät für uns. So haben wir unsere eigene Route gebastelt. Wir möchten uns hier für einige Routenabschnitte und Ideen bei Gonebikeabout (Via Dinarica und Albanien), bei love2bike (Bosnien & Herzegowina) und beim alljährlich stattfindenden Trans Balkan Race bedanken.
Im Frühling kann es in den Alpen noch sehr kalt sein, deshalb wollen wir die Strecke von Süd nach Nord fahren, genauer von Sami auf Kefalonia in Griechenland zurück nach München. Wir können also gleich mit Shorts und Trikot losradeln und den einsetzenden Sommer auf dem Weg nach Norden genießen. Ob dieser Plan aufgeht?
Ende April geht es dann endlich los. Die Räder sind bepackt und wir radeln kurz nach Mitternacht bei 4°C, Regen und Gegenwind 20 km zum Busbahnhof in München. Pünktlich um 2:40 Uhr fährt der Flixbus los und siebeneinhalb Stunden später werden wir sehr unfreundlich in Venedig Mestre hinaus geschmissen. Es gibt hier nur eine Haltestelle an der Straße und da die Räder unten im Gepäckfach auf der linken Busseite verstaut sind, steht man dann beim Auspacken mitten auf der Straße im morgendlichen Berufsverkehr. Kein Spaß mit Rädern und den ganzen Radtaschen! Aber das kennen wir mittlerweile und bleiben gelassen und trinken danach erstmal einen Cappuccino. Dann geht es zum Campingplatz in Fusina. Nach dem vielen Regen steht hier alles unter Wasser und wir finden nur ein einziges trockenes Fleckchen für unser Zelt. Am nächsten Tag radeln wir bei leichtem Regen zum Fährterminal der Anek Lines. Der Check-in ist absolut chaotisch und wir brauchen fast zwei Stunden, bis wir endlich auf die Fähre rollen dürfen. Wir erreichen nach 34 Stunden Patras in Griechenland, wo wir für eine Nacht ein kleines Apartment gebucht haben. Bei sommerlichen Temperaturen und Sonnenschein nehmen wir am nächsten Tag die Fähre, die uns in dreieinhalb Stunden nach Sami auf Kefalonia bringt. Nach einem Kaffee am ruhigen, fast menschenleeren Hafen starten wir unser Radabenteuer und freuen uns, von nun an in unserem eigenen Rhythmus unterwegs zu sein.
10 Länder – Viele Völker
Griechenland
Kefalonia ist die größte der Ionischen Inseln. Schon auf den ersten Metern erfasst uns die unglaublich ruhige und beschauliche Atmosphäre. Von Sami aus fahren wir in den Südosten der Insel. Ganz ohne Verkehr kurbeln wir gleich 500 Höhenmeter hinauf, die Berghänge sind um diese Jahreszeit herrlich grün und überall blüht es. Schnell finden wir einen Biwakplatz und verbringen eine ruhige, erstaunlich kühle Nacht und können uns von der langen Anreise gut erholen.
Nach einer kurzen Abfahrt geht es am kommenden Tag ausschließlich bergauf, denn wir wollen von Süden durch den Ainos Nationalpark hinauf auf den höchsten Gipfel der Insel. Insgesamt geht es 1400 Höhenmeter über zum Teil sehr steile und grobe Schotterstraßen hinauf. Anstrengend, aber die herrliche Aussicht bei bestem Wetter entlohnt uns. Zur Mittagspause machen wir auf 1200 m einen kurzen Abstecher zum Kloster Zoodochos Pigi. Im Schatten einer großen Platane lassen wir die Ruhe auf uns wirken. Wir sind ganz alleine hier. Die kleine Klosterkirche ist offen und wir können sie besichtigen. Wir wussten, dass es hier die einzige Wasserstelle auf der gesamten Strecke geben soll. Nach etwas Suchen finden wir die Quelle auf der Ostseite etwas unterhalb der Klostermauer. Wir füllen unsere Wassersäcke und Flaschen auf. Ab der Nationalparkgrenze wird die Schotterstraße besser und wir fahren auf der Nordseite des Bergmassivs durch einen schattigen Wald aus endemischen Kefalonia-Tannen, die dunkel und mächtig in den blauen Himmel ragen. Zur Kaffeepause sind wir oben auf dem höchsten Berg, Ainos (1628 m). Die Aussicht ist fantastisch und wir genießen auch noch den Sonnenuntergang.
Auf der Westseite gibt es eine gute Teerstraße hinunter. Nach fast 800 Höhenmeter Abfahrt biegen wir auf die alte Straße ab, die über enge Serpentinen und sehr, sehr lockeren Schotter weitere 400 Höhenmeter hinunter führt (nicht wirklich zu empfehlen!) zum Kloster Agios Gerasimos. Der Heilige Gerasimos ist der Schutzpatron von Kefalonia und wird von den Einwohnern verehrt. Es ist viel los, da ein Besuch des Klosters zur Vorbereitung auf das christlich-orthodoxe Osterfest gehört, das in einer Woche stattfindet. Auch wir bekommen von einer Nonne eine ganze Hand voll Osterbonbons geschenkt. Für uns besonders spannend und mystisch war das kleine Loch im Boden der Kirche, wo man über eine senkrechte Leiter in die Höhle gelangt. Hier hat der Hl. Gerasimos angeblich als Einsiedler gelebt.
Durch schöne Landschaft geht es weiter nach Argostoli, dem größten Ort der Insel, der gepflegt, aber leider ohne alte Bausubstanz ist, da beim Erdbeben 1953 alles zerstört wurde. Wir fahren über die De-Bosset-Brücke, die mit 689,9 m Länge weltweit die längste Meeresbrücke aus Stein ist. Auf der anderen Seite der Bucht führt die Straße nach Norden immer am Hang entlang mit schönen Tiefblicken auf das Meer.
Plötzlich stehen wir vor einer Straßensperre. Zum Glück lassen wir uns nicht abschrecken. Wir müssen zwar beide Räder abpacken und alles über die Leitplanke und um die Sperre herumtragen, aber das kurze Schotterstück an der Baustelle ist problemlos zu fahren und heute am Sonntag arbeitet hier eh keiner. Wir sparen uns dadurch einen Riesen Umweg! Das türkisblaue Wasser am Myrtos-Strand sieht traumhaft und verlockend aus. Dafür nehmen wir sogar 200 Höhenmeter zusätzlich in Kauf. Wir frischen uns im kristallklaren Wasser am weißen, feinen Kiesstrand ab. Doch dann geht es wieder hinauf, schwitz! Die Straße zieht noch weiter bergauf bis auf 350 m, bevor wir es bis nach Fiskardo ganz im Norden der Insel rollen lassen können. Es ist ein hübscher, ruhiger Ort mit einer Marina, in der einige Yachten stehen. Wir kaufen im Markt und in der Bäckerei ein und sind überrascht über das Preisniveau hier. Pünktlich um 12:15 Uhr fahren wir auf die Fähre (West Ferry), die uns für 10 € nach Vasiliki auf Lefkada bringt. Wir sind fast alleine auf dem Boot und genießen die sonnige Überfahrt.
In Vasiliki wird alles für die anstehende Urlaubssaison hergerichtet. Wir schwimmen nochmal im Meer, bevor wir die steile Straße in der Mittagshitze hinaufradeln zu einem Pass auf die Westseite der Insel. Hier wird der Verkehr deutlich mehr. Da Lefkada über eine Brücke mit dem Festland verbunden ist, können motorisierte Besucher die Insel leicht und schnell besuchen. Deshalb gefällt uns Lefkada nicht so gut und somit fahren wir nach nur einer Nacht weiter auf das griechische Festland, vorbei an der Festung Agia Mavra.
Das nächste Hindernis wartet kurz vor Preveza auf uns, ein 1,6 km langer Tunnel, der den Ambrakischen Golf unterquert und der für Fahrräder gesperrt ist. An der Mautstelle bekommen wir nach einem Telefonat die Info, dass in ca. einer halben Stunde ein Auto kommt, das uns durch den Tunnel bringt. Nach gut einer Stunde stehen wir immer noch am Straßenrand und niemand scheint das zu interessieren. Schließlich spricht uns ein sehr netter Grieche mit einem Pickup an. Ruck-zuck sind die Räder auf die Ladefläche gehievt und keine fünf Minuten später sind wir auf der anderen Seite des Tunnels. So ein Glück! Die Umfahrung der Lagune wären zusätzlich 120 km gewesen. Sehr enttäuschend, dass kein offizieller Transport für Radfahrer organisiert ist.
Nördlich von Preveza wollen wir die antike Stadt Nikopolis besuchen. Leider ist nichts ausgeschildert oder verschlossen. So geben wir auf und radeln zuerst auf der Küstenstraße, dann im Inland weiter nach Norden. Kleine Straßen führen durch ausgedehnte Orangenplantagen und Spargelfelder, bis wir bei Igoumenitsa wieder am Meer sind. Der vom Fährhafen dominierte Ort ist völlig chaotisch und die Uferpromenade besteht aus einer Aneinanderreihung verfallener Strandbars. Nichts lädt zum längeren Verweilen ein, so dass wir die letzten Kilometer Richtung Albanien radeln. Auf dem Weg retten wir noch eine Griechische Landschildkröte von der Straße, für die Unechte Karettschildkröte, die geruchsintensiv am Strand verwest, ist die Reise leider zu Ende.
Aber unsere Reise geht weiter, auf nach Albanien!
Albanien (Nordmazedonien, Kosovo)
Südalbanien
Nordmazedonien
Bergtour Korab – Ostalbanien
Kosovo
Nordalbanien
Tirana
Albanische Nordalpen
Südalbanien
Albanien begrüßt uns mit Regen und etwas rumpeligen Straßen, aber auch mit herzlich winkenden und hupenden Menschen. Wir sind aufgeregt und freuen uns, dieses für uns komplett unbekannte Land kennenzulernen. Schon nach nur 20 km erreichen wir die erste Sehenswürdigkeit, die Ruinenstadt Butrint, die im gleichnamigen Nationalpark liegt und eine von zwei UNESCO-Weltkulturerbe Stätten in Albanien ist. Um dort hin zu kommen, müssen wir aber erst noch mit einer abenteuerlichen Seilfähre über den Vivar Kanal fahren. Das Wetter bessert sich und nach einer kleinen Mittagsbrotzeit besichtigen wir die Ausgrabungen. Das Gelände ist sehr weitläufig, deshalb verlaufen sich die anderen Besucher und man kann sich Zeit lassen beim Rundgang durch die verfallenen Bauwerke. Als wir zum Baptisterium kommen sind wir aber doch sehr enttäuscht. Der Mosaikboden ist mit einer dicken Sandschicht abgedeckt, um ihn vor Umwelteinflüssen zu schützen. Nur an wenigen Tagen im Jahr wird er freigelegt. Wir steigen hinauf zur venezianischen Festung, von wo man eine schöne Aussicht auf den Butrint See und das Hinterland hat.
Über Ksamil, dessen Hauptstraße eine einzige staubige Baustelle ist und dessen Strand leider komplett mit Strandbars zugebaut ist, kommen wir nach Sarandë. Die große Bucht hat jeglichen Reiz durch den touristischen Bauboom der letzten Jahre verloren. Gut, dass wir sowieso geplant hatten ins Landesinnere zu fahren. Wir nützen die hier vorhandene Infrastruktur, um Geld abzuheben (die Tirana Bank ist für uns am günstigsten) und eine albanische SIM Karte zu kaufen. Auf der Weiterfahrt ist zwar viel Verkehr, aber die meisten fahren sehr rücksichtsvoll. Wir besichtigen gleich noch ein weiteres Highlight, Syri i Kaltër (Blaues Auge), das die wasserreichste Karstquelle Albaniens und der Ursprung der Bistrica ist. Trotz der späten Stunde sind noch viele, meist einheimische Touristen unterwegs. Wir kommen mit unseren Rädern bis fast an die Quelle und bestaunen das glasklare Wasser, das hier aus dem Boden sprudelt. Da es bald dunkel wird, sind wir froh, schnell einen Biwakplatz in der Nähe zu finden. Da Wildcampen in Albanien erlaubt ist, können wir auch offen auf einer Wiese stehen und müssen uns nicht verstecken.
Über den Qafa Muzinës (Muzina Pass, 572 m), eine landschaftlich sehr reizvolle Strecke entlang gelb-blühender Berghänge, kommen wir in die Ebene des Drino. Auf der verkehrsreichen Nationalstraße können wir dank der breiten Schulter auch gut radeln und sind bald in Gjirokastër.
Die historischen Altstädte von Gjirokastër und Berat sind zusammen die zweite UNESCO-Weltkulturerbe Stätte in Albanien. Wir radeln zuerst die krass steile Straße hinauf zur Burg, wo einst das berüchtigtste politische Gefängnis Albaniens war. Heute ist davon kaum mehr etwas zu sehen, aber man hat eine grandiose Aussicht auf das historische Zentrum mit seinen osmanischen Häusern. Gjirokastër ist die Geburtsstadt von Enver Hoxha, der als totalitärer Diktator 40 Jahre lang herrschte und das Land komplett von der Außenwelt isolierte. Diese kommunistische Vergangenheit wird uns auf unserer Reise durch Albanien immer wieder begegnen. Dann tauchen wir ein in das Gewusel im Basarviertel, das hauptsächlich aus Restaurants und Souvenirläden besteht. Es ist uns zu voll und zu touristisch, so dass wir über holprige Kopfsteinpflastergassen die Stadt wieder verlassen. Wir folgen dem Drino mit seinem klaren Wasser bis fast zu Mündung in die Vjosa und folgen dieser dann flussaufwärts bis kurz hinter Piskovë. Von der Vjosa sind wir etwas enttäuscht, da diese durch die Regenfälle sehr trübes, braunes Wasser hat und man überall am Ufer Plastikmüll hängen sieht. Dass Müll und speziell Plastikmüll ein Riesenproblem in Albanien und auch in allen anderen Balkanländern ist, werden wir auch auf der weiteren Reise immer wieder erfahren.
Der einzig mögliche Übergang vom Tal der Vjosa ins Tal des Osum führt über eine Off-Road Piste mit gut 700 Höhenmeter Anstieg. Die Strecke ist landschaftlich fantastisch, nur leider hat der nächtliche Regen (plus der Regen der vergangenen Tage) den Belag komplett durchgeweicht und es ist teilweise sehr schlammig. Das Ganze wurde dann auch noch von einem Geländewagen-Konvoi (natürlich sitzt in jedem Gefährt nur ein Abenteurer) so richtig durchgeackert. Deshalb mussten wir an manchen Stellen schieben. Am Ende hängt der ganze „Batz“ dick an der Schuhsohle und klebt danach an den Pedalen. Mühsam, aber wir schaffen die Strecke und die tiefhängenden Wolken zaubern eine ganz eigene, mystische Stimmung.
Wieder auf Teer angekommen, führt die Straße oberhalb am Osum River Canyon entlang und man hat immer wieder spektakuläre Aussicht in die tiefe Schlucht.
Endlich bessert sich auch das Wetter und wir genießen die Sonne. Wir haben Sicht auf das Tomorr-Massiv und auf den höchsten Gipfeln liegt sogar Neuschnee. Immer wieder sehen wir verfallene Häuser, Tankstellen und Fabriken, die seit dem Zusammenbruch des kommunistischen Regimes 1990 keine Verwendung mehr haben. So auch in Poliçan, wo in unterirdischen Fabriken das Zentrum der albanischen Waffenproduktion war. Wir versorgen uns hier wieder mit Lebensmitteln. In einer Furre Buke (Bäckerei) kaufen wir einen Laib frisches Weißbrot, der meist nur 80 LEK (= 0,8 €) kostet.
Wir erreichen Berat, die „Stadt der tausend Fenster“. Warum sie so heißt, versteht man beim Blick auf die Fensterfronten der typisch osmanischen Häuser im muslimischen Altstadtviertel Mangalem. Wir buchen ein Zimmer mit Frühstück im Guesthouse Marjo, wo wir Räder und Gepäck lassen und die schöne Stadt besichtigen. Wir machen einen ausgiebigen Rundgang durch den Burgberg, dessen kleine Steinhäuser auch heute noch bewohnt sind. In einem kleinen Innenhof finden wir ein Café und unterhalten uns lange mit der Enkelin der Besitzerin und ihrer Freundin, die beide sehr gut Englisch sprechen.
Von der Burg hat man einen herrlichen Ausblick auf die Neu- und Altstadtviertel von Berat, sowie den Fluss Osum. Schön restauriert präsentieren sich nun auch wieder die Königsmoschee, eine der ältesten Moscheen Albaniens und die Halveti-Tekke, ein Versammlungsraum des Derwischordens der Bektaschi. Berat hat uns sehr gut gefallen.

Berat am Osum
Wir fahren nach Kuçova, wo wir ins Devoll Tal abbiegen, dem wir nun für viele Kilometer flussaufwärts folgen werden. Hier befindet sich das Zentrum der albanischen Erdöl-Industrie. Überall stehen baufällige Erdöl-Pumpen und vielerorts sickert die schwarze Sauce einfach in den Boden. Es riecht nach Öl und es ist unglaublich, wie fahrlässig die Umwelt verschmutzt wird.
Immer wieder werden wir mit dem Müllproblem konfrontiert. Bisher haben wir kaum intakte Müllcontainer gesehen, es gibt meist weder Deckel noch Rollen. Später beobachten wir, dass zur Entsorgung die Container einfach auf die Straße ausgekippt werden und dann der Müll händisch ins Müllauto geschaufelt wird. Wir haben das Gefühl, dass es kein funktionierendes System zur Müllentsorgung gibt.
Eine Besonderheit, die uns schmunzeln lässt und die es scheinbar auch nur in Albanien gibt: An fast jedem Haus, egal ob alt oder neu hängt ein Plüschtier. Das soll wohl den bösen Blick fernhalten und das Haus schützen.
Zu Beginn wird das Devoll Tal landwirtschaftlich genutzt, aber nicht wie wir es kennen. Die Felder sind sehr klein und alles wird in Handarbeit gemacht. Wir haben keinen einzigen Traktor gesehen! Bald sind wir am Banje Reservoir, einem großen Stausee des Devoll. Das Wasser sieht aber nicht so sauber aus und lädt nicht zum Baden ein. Nach Gramsh verengt sich das Tal und die inzwischen durchgehend geteerte Straße windet sich herrlich einsam durch die Schlucht. Wir finden einen ruhigen Biwakplatz etwas abseits der Straße, direkt neben einem offenen Bunkereingang. Diesen haben wir natürlich mit unseren Stirnlampen erkundet: Ein riesiger, hallenartiger Raum mit einem langen Gang zu einem weiteren Ausgang. Schon etwas unheimlich. Und das ist nur einer von über 170.000 Bunkern in Albanien, die während der Diktatur von Enver Hoxha gebaut wurden, geplant waren sogar mal 750.000 Bunker! Sie sollten der Verteidigung des Landes im Falle einer ausländischen Invasion dienen. Die kam aber nie und heute verfallen die Anlagen fast überall. Was für eine Beton-Verschwendung!
Die Straße zieht weiter hinauf zu einem zweiten Stausee und klettert am Ende bis auf 1000 m hoch. Von hier hat man eine wunderbare Aussicht. Wir machen Mittagsbrotzeit und bleiben nicht lange alleine. Ein Hirte mit seinen fünf Kühen setzt sich zu uns. Er freut sich, dass wir unser Brot und den restlichen Käse mit ihm teilen, aber leider können wir uns überhaupt nicht mit ihm unterhalten. So verabschieden wir uns und rollen wieder hinunter zum Devoll, an dem eine Schotterstraße nach Maliq führt. Noch ein paar Kilometer und wir erreichen Pogradec am Ohridsee. Man merkt, dass er im Sommer ein beliebtes Urlaubsziel ist. Es gibt eine Uferpromenade, an der ein Restaurant neben dem anderen steht.
Nordmazedonien
Nach einer Nacht auf einem Campingplatz in Pogradec radeln wir die wenigen Kilometer zur Grenze nach Nordmazedonien, dem dritten Land auf unserer Radreise, und besuchen das Kloster Sveti Naum. Eine schöne, gepflegte Anlage, die von vielen Einheimischen besucht wird. Die kleine Klosterkirche ist innen ganz mit Fresken bemalt. Der Ohridsee ist einer der ältesten Seen der Erde und bildet zusammen mit den angrenzenden Kulturlandschaften das UNESCO Natur- und Kulturerbe der Ohrid-Region. Am Ostufer des Sees entlang geht es weiter bis zur Stadt Ohrid. Wir drehen eine kleine Runde durch die Altstadt. Besonders gefällt uns der Blick über den See mit der Kirche Sveti Jovan Kaneo. Da die Festung oben auf dem Berg leider geschlossen ist, fahren wir weiter nach Struga. Hier entwässert der Ohridsee in den Schwarzen Drin, dem wir nun flussabwärts folgen. Das Tal ist sehr einsam und waldig. Wir sind aber sehr schockiert wie viel Plastikmüll überall am Flussufer hängt. Kein Wunder, denn an vielen Stellen wird der Müll einfach den Hang hinuntergekippt. Es ist dann schwierig, die Landschaft zu genießen. Wir können das nicht einfach ausblenden.
Der Fluss wird zweimal aufgestaut, zum Globočicasee und zum Debarsee und fließt schließlich weiter nach Albanien. Wir radeln über die Staumauer nach Debar und kurz danach sind auch wir wieder zurück in Albanien.
Bergtour Korab (Maja e Korabit) in Ostalbanien
Wir sind nun in den abgelegenen Bergregionen Ostalbaniens. Die Gegend wirkt ärmlich auf uns. In den Läden finden wir zwar das Nötigste, um uns zu versorgen, aber es ist immer das gleiche: Brot, Nudeln, Tomaten, Gurken, Zwiebeln, und manchmal Feta. Gar nicht leicht, die beim Radeln verbrannten Kalorien wieder nachzufüllen. Aber die Menschen reagieren hier im Vergleich zu Nordmazedonien wieder viel herzlicher und winken uns zu.
Nördlich von Peshkopi wird der Verkehr weniger, aber es erwischt uns ein heftiger Gewitterregen, den wir frierend auf der Terrasse eines Cafés in Sllovë aussitzen. Vier junge albanische Männer sitzen auch hier und wir versuchen uns ein wenig zu unterhalten, vor allem mit einem, der etwas Deutsch kann. In Deutschland hat er am Bau gearbeitet, wurde aber nach zwei Jahren wieder abgeschoben. Er wirkt frustriert: „Ich finde hier in Albanien keine Arbeit.“ Diese Perspektivlosigkeit nimmt uns mit.
Als der Regen nachlässt, fahren wir weiter.
Wir wollen noch zum Bergdorf Radomirë. Für den nächsten Tag ist gutes Wetter angesagt. Perfekt, um den Berg Korab zu besteigen, der mit 2764 m der höchste Berg Albaniens und Nordmazedoniens ist. Frühmorgens starten wir den langen, aber technisch unschwierigen Aufstieg. Ab ca. 2100 m stapfen wir im Schnee, der aber perfekt zum Gehen ist. Am Gipfelgrat bläst ein eiskalter Wind, der das Wasser an den Grashalmen zu kleinen Kunstwerken gefrieren lässt. Wir ziehen alles an und sind am Gipfel überwältigt vom Panorama, das wir von hier in alle Richtungen haben.


Korab, 2764 m, Blick nach Osten (oben) und nach Westen (unten)
Beim Abstieg entdecken wir eindeutige Bärenspuren im Schnee. Wow! Die sehen sehr frisch aus, es kann noch nicht lange her sein, dass der Bär hier durchmarschiert ist. Wir suchen den Berghang mit unseren Augen ab, entdecken ihn aber nirgends.
Die Sonne hat nun richtig Kraft und lässt die fantastischen Blumenwiesen in allen Farben leuchten. Vor allem die Krokuswiesen sind ein Traum. Glücklich über die fantastische Tour erreichen wir unser Zelt, das wir nun verpacken, um dann noch ein Stückchen weiter zu radeln. Die Strecke Richtung Kukës ist richtig schön und anfangs haben wir immer wieder tolle Rückblicke auf das Korab-Massiv.
Auf dem Weg nach Kukës kommt man an dessen Flughafen vorbei, der 2009 fertig gestellt wurde und seither so gut wie nie benutzt wurde. In der Stadt ist einiges los und wie überall in Albanien fahren auch hier überproportional viele Mercedes. Die hohe „Mercedes-Dichte“ fällt sofort auf, sobald man ins Land kommt. Wer über mögliche Gründe dafür etwas lesen möchte, dem sei dieser Artikel in der FAZ empfohlen.
Im Stausee bei Kukës fließen der Schwarze Drin, dem wir mehr oder weniger seit Nordmazedonien folgen, und der Weiße Drin, der aus dem Kosovo kommt, zum Drin zusammen, dem längsten Fluss Albaniens. Die Weiterfahrt Richtung Kosovo führt durch grüne Hügellandschaft mit Blick auf die Nordalbanischen Alpen im Hintergrund. Da wollen wir später auch noch hin, jetzt sind wir aber erstmal beschäftigt, immer wieder Schildkröten von der Straße zu retten. Die sind hier meist beidseitig mit hohen Betonkanten oder, noch schlimmer, tiefen Betonrinnen gesäumt und werden damit zu tödlichen Fallen für die Tiere.
Kosovo
Der Grenzübertritt in unser viertes Land, dem Kosovo, ist unproblematisch. Unsere kleine Schleife von gut 30 km reicht natürlich nicht aus, um das Land kennen zu lernen. Was uns aber gleich auffällt: Es ist alles etwas ordentlicher und je weiter wir nach Gjakova kommen, desto mehr neue, luxuriöse, aber meist verschlossene Villen sehen wir. Viele Einheimische arbeiten in Deutschland, Österreich oder in der Schweiz. In der Heimat zeigt man dann, was man erreicht hat und baut sich eine teure Sommerresidenz. Im Sommer ist hier dann sicher einiges los, jetzt aber wirkt alles leblos.
Gleich am Stadtrand von Gjakova steht die alte siebenbogige, osmanische Gerberbrücke. Leider beeinträchtigt die direkt benachbarte neue Verkehrsbrücke den Eindruck. Wir radeln durch den Großen Basar mit vielen kleinen Häuser. Wir sind etwas zu früh am Morgen unterwegs und deshalb ist noch viel geschlossen. Auch die Hadum Moschee ist zu und wir können nur den schönen Eingangsbereich bestaunen. Da der Kosovo Euro als Währung hat, können wir direkt in einer Bäckerei einkaufen. So ein reichhaltiges Sortiment haben wir schon länger nicht mehr gesehen.
Wir verlassen Gjakova und kommen an der Gedenkstätte vorbei, die an das Massaker von Meja erinnert. Während des Kosovokriegs wurden hier am 27. April 1999 377 kosovo-albanische Zivilisten massenexekutiert. Die vielfältigen und komplizierten ethnischen Konflikte auf dem Balkan, die vor nicht einmal 25-30 Jahren wieder in grausamen Kriegen entflammten, werden uns immer wieder auf dieser Reise begegnen und uns mit vielen unbeantworteten Fragen zurücklassen.
Über den Qafa e Morinës fahren wir wieder zurück nach Albanien, um den Norden des Landes noch genauer kennen zu lernen.
Nordalbanien
Über eine wenig befahrene Straße gelangen wir nach Bajram Curr, das nach Bajram Curri, einem Aktivisten der albanischen Nationalbewegung, benannt wurde. Überall in dem lebhaften Städtchen ist das postkommunistische Ambiente noch sehr sichtbar. Die weitere Strecke ist landschaftlich sehr schön, immer oberhalb an der Valbonë entlang, bis wir Fierze erreichen.





Hier können wir für wenig Geld direkt neben der Personenfähre zelten. Sehr praktisch, denn am nächsten Tag starten wir schon um 6 Uhr morgens die mehrstündige Überfahrt mit dem 30-Jahre alten Boot Dragobia. Obwohl die Fährfahrt über den Koman Stausee zu den Highlights einer Albanienreise zählt, sind wir heute die einzigen Touristen an Board. Manch enge, felsige Durchfahrt erinnert an norwegische Fjordlandschaften, wären da nicht die vielen Plastikflaschen, die überall auf dem See schwimmen. Unterwegs machen wir immer wieder Stopps an völlig unzugänglichen Uferabschnitten, um einheimische Mitfahrer abzuholen. Wir sehen, wie wichtig diese einfache Bootsverbindung für die lokale Bevölkerung ist. Die Ankunft in Koman ist dagegen fast schon ein Schock, denn hier warten Unmengen an Touristen mit ihren Campern oder Mietautos, um mit der Autofähre in die andere Richtung zu fahren. Alles ist etwas albanisch-chaotisch organisiert: Im Zubringertunnel ist Komplettstau und wir schaffen es nur mühsam in der Gegenrichtung zu entkommen. Bis Shkodra radeln wir durch einsame Landschaft, allerdings auf eher schlechten Straßen und bei sehr durchwachsenem Wetter.
Tirana
In Shkodra haben wir für zwei Nächte ein kleines Apartment gemietet. Im Zentrum fällt uns gleich eine Besonderheit auf: Viele Bewohner fahren mit dem Fahrrad! Das sieht man sonst nicht in Albanien und das nur, weil der schwedische Konsul 1907 hier Fahrrad gefahren ist.
Am nächsten Tag fahren wir mit dem Bus nach Tirana, der Hauptstadt Albaniens. Nach zwei Stunden haben wir die 80 km geschafft und steigen am etwas chaotischem Busbahnhof aus. Mit einem lokalen Bus fahren wir ins Zentrum und stehen kurze Zeit später auf dem 2017 neu renovierten Skanderbeg Platz. Er ist mit Steinplatten gepflastert, die aus allen Gebieten Albaniens stammen und benannt nach dem Nationalheld Georg Kastriota Skanderbeg. Sein Reiterdenkmal überblickt den Platz von Süden her. Rundum den Platz, wie auch in der ganzen Stadt trifft alt auf neu, von osmanisch zu ex-kommunistisch zu modern. Es ist quirilig auf den Straßen und Plätzen, aber nicht überfüllt. Man findet immer einen Platz in einem der vielen Cafés.
Mutter Teresa (Nënë Teresa), Friedensnobelpreisträgerin, ist wohl die weltweit bekannteste Albanerin und ihr zu Ehren stehen Statuen in verschiedenen Städten, wie auch hier in Tirana.
Aus Zeitgründen beschränken wir uns auf ein Museum. In den nächsten zwei Stunden besichtigen wir den Atombunker des Diktators Enver Hoxha, das Bunkart 1 Museum: Ein riesiger, unterirdischer Komplex über 5 Stockwerke mit insgesamt 176 Räumen, inklusive Versammlungshalle für die gesamte Regierung und einem Kinosaal. Wir fanden das Museum sehr informativ und haben viel über die Geschichte Albaniens gelernt, auch wenn es etwas unheimlich und bedrückend war.
Die Pyramide von Tirana war für kurze Zeit als Museum dem Diktator Enver Hoxha gewidmet. Nach dem Ende des kommunistischen Regimes wurden immer wieder Abrisspläne gemacht. Seit Oktober 2023 ist die Pyramide neugestaltet. Über viele Treppen kann man sie besteigen und die Aussicht genießen. Die bunten Boxen, die innen und außen sind, sollen Platz bieten für Workshops, so dass das Bauwerk nun als Lernzentrum genutzt werden kann.
Uns hat Tirana sehr gut gefallen, es ist bunt und modern, aber auch chaotisch und traditionell. Den Kopf voll mit vielen neuen Eindrücken geht es mit dem Bus zurück nach Shkodra, wo wir den Abend mit einem traditionellen albanischen Essen ausklingen lassen.
Albanische Nordalpen
Es regnet die ganze Nacht und morgens ziehen immer wieder Gewitter durch. Deshalb kommen wir etwas später los. Für die nächsten Tage sind anstrengende Etappen in den Nordalbanischen Alpen geplant. Gestärkt mit einem leckeren Byrek radeln wir am Fluss Kir entlang Richtung Nordosten aus der Stadt. Schon bald kommen wir zur ottomanischen Bogenbrücke von Mes (Ura e Mesit), wo wir für eine Weile die letzten Touristen sehen werden. Wir tauchen ein in eine sehr ursprüngliche und einsame Region. Die enge geteerte Straße verläuft entlang der Kir, die türkis schimmert und sich immer wieder canyonartig verengt. Die Berghänge sind mit dichtem Grün bewachsen, nur im Tal sind verstreut einige Häuser und Gemüsegärten. Das Wetter wird immer besser und es ist schwülwarm. Die ersten 24 km sind geteert, ab Prekal geht es auf der Schotterstraße weiter. Der erste Teil ist meist gut zu fahren, an manchen Stellen stehen noch die Pfützen vom nächtlichen Regen. Nur nach gut 3 km kommt man an einer Hängebrücke ans Wasser der Kir. Sonst zieht die Strecke am Hang entlang, meist weit oberhalb des Flusses. Nach weiteren gut 8 km verlassen wir das Tal und die Straße zieht frisch ausgebaut in mehreren Serpentinen den steilen Hang hinauf. Die Tiefblicke werden dafür immer besser. Nach gut der Hälfte des Aufstiegs erreichen wir das Ende der Ausbaustrecke. Hier wechselt die Straße von breit und feucht-matschig zu eng, felsig, grobschottrig und steil. Beides ist super anstrengend und nicht überall fahrbar. Es ist schon sieben Uhr abends bis wir die Passhöhe Mali i Shoshit auf 1214 m Höhe erreichen. Die Strecke bleibt weiterhin technisch sehr anspruchsvoll und da es schon dunkel wird, suchen wir uns eine Biwakstelle.
Am nächsten Tag fahren wir weiter hinunter ins Tal der Shala. Die Strecke ist kaum als Straße zu bezeichnen und äußerst schwierig. Teilweise schieben wir sogar bergab. Wir sind sehr froh, als wir endlich die Brücke erreichen. Eine landschaftlich grandiose Strecke, sehr fordernd, aber mit genügend Zeit auch mit Gepäck machbar. Wir haben auf der ganzen Überfahrt vom Kir Tal nur einen Geländewagen und einen Holztransporter getroffen.
In Skollaj gönnen wir uns einen Kaffee und werden ein bisschen wie Außerirdische beäugt. Die z.T. grobe Schotterstraße geht weiter, bis wir nach Ndërlysa kommen. Hier lassen wir die Räder stehen und treffen auf Sara und Jonas, zwei Radtouristen aus Deutschland. Wir haben uns gleich so viel zu erzählen, dass wir die gut 2 km lange Wanderung zum Blue Eye von Theth gemeinsam machen. Das glasklare und eisig kalte Wasser und die umgebende Landschaft sind herrlich. Wieder zurück bei den Rädern verabschieden wir uns, da sie hier zu Fuß unterwegs sind. Aber unsere Wege werden sich von nun an immer mal wieder kreuzen.
Für uns geht es auf einer schönen Teerstraße weit oberhalb des engen Grunas Canyon nach Theth, eine Siedlung, die über den Talboden verstreut und von imposanten Bergen umrahmt ist. Hier herrscht Goldgräberstimmung, denn Theth ist inzwischen von Westen über eine bequeme Teerstraße zu erreichen. Es führt dazu, dass überall Hütten gebaut werden. Erstaunlich, denn wir sind hier mitten im Theth Nationalpark! Von hier sehen wir bereits das Ziel unserer geplanten Bergtour, den Arapi, der wegen seiner senkrechten Südwand auch „Matterhorn Albaniens“ genannt wird.
Bei bestem Wetter steigen wir den steilen, aber gut markierten und unschwierigen Weg hinauf zum Pass Qafa e Pejës, 1742 m. Ab hier ist die Route auf den Arapi nur noch mit Steinmännchen markiert. Nach gut dreieinhalb Stunden erreichen wir den 2218 m hohen Gipfel. Hier sind wir ganz alleine und können gar nicht genug bekommen vom Ausblick in diese fantastische Bergwelt. Über vom Karst zerfressene Felsen steigen wir wieder ins Tal hinunter. Die Füße glühen, bis wir endlich wieder am Zelt sind.

Maja Arapi, 2218 m, Panorama nach Westen bis Norden
Da schon wieder die nächste Regenfront droht, radeln wir noch weiter. Vorbei am letzten Bunker, den wir in Albanien sehen werden (waren jetzt auch mehr als genug) und mit einem letzten Blick auf Theth beginnen wir die Auffahrt auf den Qafa e Thorës (Thore-Pass, 1685 m). Kaum sind wir oben, ziehen die Wolken zu und wir schaffen die tolle Abfahrt nach Bogë auf den Campingplatz gerade noch rechtzeitig vor dem Regen. Nur noch Duschen und Essen, dann kriechen wir müde in die Schlafsäcke.
Weiter geht es durch das sehr grüne Tal von Bogë hinauf nach Vrith. Die Überfahrt nach Bratosh ist eine sehr ländliche und einsame Strecke mit sehr schlechtem Schotter. Dagegen ist das Stück über Kastrat nach Rapshë geteert. Kurz danach wird der Blick frei ins Cem Tal und Richtung Montenegro. Uns erwartet eine grandiose Abfahrt mit zahlreichen Serpentinen. Und das fast ohne Verkehr!
Wir radeln nun das wunderschöne und einsame Cem Tal flussaufwärts. In Tamarë geben wir unsere letzten LEK aus und verbringen kurz danach unsere letzte Nacht in Albanien. Auf der Fahrt über den Pass Qafa e Bordolecit (1355 m) sehen wir sogar noch ein Skorpion am Straßenrand. Das „Highlight“ der Passhöhe ist eine der oft typisch albanischen Mülltonnen. Noch ein Letzter Blick in die Albanischen Alpen, bevor wir zur Grenze nach Montenegro hinunterrollen.
Wir sind begeistert von der unglaublich wilden Natur und den herzlichen und sympathischen Menschen in Albanien. Ein Land, in dem es so viel mehr zu entdecken gibt!
Montenegro und Bosnien-Herzegowina
Bjelasica Berge
Durmitor Nationalpark
Zelengora Berge und Sutjeska Nationalpark
Mostar
Blidinje See und Buško See
Bjelasica Berge
Nach der zuletzt in Albanien etwas dürftigen Auswahl an Essbarem, fallen wir in Gusinje, dem ersten Ort in Montenegro, erst einmal in einen Supermarkt und eine Bäckerei ein. Die Preise sind zwar spürbar höher hier, aber dafür auch das Angebot und die Auswahl, und der Euro als Währung macht das Einkaufen leicht. Am nahegelegenen glasklaren Bach Vruja gibt es dann ein wahres Festessen für uns. Gut gestärkt und erfrischt radeln wir am breiten Talboden entlang zum Plav See. Wie schon im Kosovo fallen uns hier die zahlreichen großen, teils recht neuen und verschlossenen „Sommerhäuser“ auf. Die Landschaft wirkt dadurch etwas zersiedelt. Am Ort Plav und am gleichnamigen See fahren wir vorbei, denn die schilfigen Ufer laden nicht zum Baden ein.
Auf der zum Glück wenig befahrenen Bundesstraße R2 begleitet uns im Tal der Fluss Lim bis Andrijevica, einem unscheinbaren Ort, der uns einen schönen Biwakplatz am Fluss bietet und der Ausgangspunkt für den Tresnjevik Pass ist. Bei sonnigem Wetter starten wir die 900 Höhenmeter Auffahrt über eine angenehm steigende kleine und teils ganz neue Straße. Es blüht überall und wir sehen einige Schlangen, die meisten leider aber in der „Platt“-Version. Auf knapp 1600 m angekommen beginnt eine wunderschöne Forststraße, die mit einigem Auf und Ab immer dem Bergrücken nach Norden folgt. Auf der menschenleeren Strecke haben wir für die üppigen Blumen bald kein Auge mehr, denn es braut sich ein Gewitter zusammen, das uns noch vor der Abfahrt durch das Skigebiet von Kolašin erwischt.



Skigebiete sind im Sommer immer scheußlich, hier wird aber zusätzlich noch an allen Ecken gebaut und mehrere Hotels schießen wie Pilze aus dem Boden. Wir lassen den Talkessel schnell hinter uns und sausen über die gute Straße nach Kolašin hinunter, der Wintersportort in Montenegro. Für uns gibt es heute ein Zimmer, denn auch wir müssen irgendwann einmal unsere Wäsche waschen. Außerdem sind weitere Schauer angesagt und da tut ein festes Dach über dem Kopf auch mal gut. Der Ort selber geizt mit Charme, hat aber neben zahlreichen streunenden Hunden einige „interessante“ Gebäude zu bieten.
Durmitor Nationalpark
Bei erstaunlich gutem Wetter folgen wir ab hier dem Wasser der Tara. Bis Mojkovac ist das Tal noch breiter, dann aber hat sich der Fluss in die Landschaft eingegraben und die Tara-Schlucht gebildet, die heute zum größten Teil ein Nationalpark ist. Sie ist mit über 70 Kilometern Länge und einer Tiefe bis über 1300 Meter einer der längsten und tiefsten Canyons Europas. Auf den nächsten fast 50 Kilometern gibt es nahezu keine Ansiedlungen. An einer Baustelle rutschen wir gerade noch vor der kompletten Schließung durch und haben danach die Straße für uns alleine, ohne ein einziges Auto. Genial! An steilen Felswänden und unter Überhängen geht es durch die beeindruckende Schlucht, bis wir an der gut vermarkteten Đurđevića-Tara-Brücke wieder auf regen Ausflugsverkehr stoßen. Die Überfahrt über die 150 m hohe Brücke, die vor gut 80 Jahren ein Meisterwerk des Stahlbetons war, lassen wir uns nicht nehmen. Danach kurbeln wir die 600 Höhenmeter aus der Schlucht heraus und kommen auf das Hochplateau um den Wintersportort Zabljak. Durch die Höhe von ca. 1400 m wird die Nacht im Zelt frisch, doch die Morgensonne und der Blick auf die nahen Berge entschädigen uns.
Zabljak hat wohl seine Hauptsaison eher im Winter. Entsprechend leer und wenig einladend ist der Ort für uns. Zudem wird an allen Ecken gebaut und in alle Richtungen werden kleine Ferienhäuser in die Landschaft gesetzt. Wildwuchs am Rand des Nationalparks! Wir lassen den Ort schnell hinter uns und biegen an der großen Gras-bedeckten Ebene zum Sedlo Pass und damit in den Durmitor Nationalpark ab. Obwohl wir schon viele Bilder von dem Gebiet gesehen haben, überwältigt uns die Schönheit der Landschaft hier. Die kleine Teerstraße windet sich durch saftig grüne Almwiesen in die Berge hinauf. Bei bestem Wetter erreichen wir bald die Passhöhe auf 1907 m. Wir halten uns trotz der guten Sicht nicht länger auf, denn Wolken bauen sich auf und wir haben noch eine Bergtour vor. Also geht es schnell ein paar Kurven bergab, bevor wir die Räder parken und auf eine Wanderung zum Bobotov Kuk aufbrechen, mit seinen 2523 m der höchste Berg Montenegros. Obwohl wir uns beeilen, erwischen uns im etwas alpinen Gipfelanstieg noch die Wolken und trüben die Aussicht zeitweise.

Hochebene bei Zabljak

Bobotov Kuk, 2523 m – Gipfel-Panorama nach Nordosten
Bis wir wieder an den Rädern sind, beruhigt sich das Wetter und wir treffen auf der nahegelegenen Almwiese Sara und Jonas wieder (seit Nordalbanien waren wir Kontakt). Die Zeltstelle ist perfekt und wir verbringen einen gemeinsamen Abend bei Nudeln und Geschichten, bevor es durch die Höhe schnell kalt wird. Bei Sonnenschein verabschieden wir uns am nächsten Morgen von den beiden Radkollegen, denn sie haben weniger Zeit und sind schneller unterwegs. Wir genießen die Auffahrt auf den Prijespa Pass, 1884 m. Überall blüht es und es ist erstaunlich wenig los.
Dann beginnt eine schier endlose Abfahrt zum tiefgelegenen Stausee der Piva. Besonders die letzten Kehren durch teils in den Fels gehauene Tunnels und mit Blick auf den türkisen See machen die Strecke besonders. Nach vielen weiteren Tunnels am See entlang erleben wir dann noch den unverbauten Rest der Piva Schlucht, die aber hier leider kaum mehr Wasser abbekommt. Unweit des Zusammenflusses von Piva und Tara (danach heißt sie Drina) überqueren wir die Grenze zu Bosnien und Herzegowina.
Zelengora Berge und Sutjeska Nationalpark
Dass wir im nächsten Land angekommen sind, merken wir nicht nur an der deutlich schlechteren Straße, sondern auch an einer anderen Währung. Die nötigen Konvertiblen Mark (KM bzw. BAM) bekommen wir erst in der ca. 25 km entfernten Kleinstadt Foča. Hier meinen wir, die grausame Geschichte aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs und des Bosnienkrieges aus den 90igern zu spüren. Aber wenigstens können wir uns hier mit den nötigen Lebensmitteln für die nächsten Tage versorgen. Denn es geht über die einsamen Zelengora Berge entlang des Sutjeska Nationalpark weiter Richtung Mostar.
Dazu verlassen wir nach einigen Kilometern entlang der Bistrica hinter dem Ort Miljevina die viel befahrene Straße und beginnen das längste Schotterstück unserer Tour. Es wird einsame 65 km dauern, bis wir wieder auf Teer rollen können. Doch zuerst brauchen wir einen Biwakplatz, es dämmert schließlich schon. Schnell finden wir vor einem scheinbar unbewohnten Haus einen kleinen Wiesenfleck. Doch kaum haben wir die Räder abgestellt, taucht ein älterer Mann auf, der uns aber gleich sein OK gibt. Am nächsten Morgen bekommen wir schnell mit, dass das abgelegene Haus die Basis seiner Schnapsproduktion ist. Schon zum Frühstück werden wir eingeladen, seine Anlage und natürlich sein „Produkt“ kennenzulernen. Aus den Äpfeln seines Gartens entsteht in der Holz-befeuerten Anlage ein guter Tropfen, der am Ende stetig in einen Plastikeimer tropft. Dank Übersetzungs-App bekommen wir nicht nur die Anlage erklärt, sondern auch einiges von seiner Lebensgeschichte mit. Auch hier spielen Krieg und Vertreibung eine zentrale Rolle. Als dann später die „Bärengeschichten“ kommen – die ausgekochte Apfelmaische ist ein Leckerbissen und führt zu regelmäßigen Gartenbesuchen des großen Pelztieres – sind wir froh, die Nacht „unbesucht“ hier überstanden zu haben. Leicht beschwipst vom ungewohnten Frühstücksgetränk, werden wir am Ende mit einem Fläschchen seines süffigen Rakija und sogar einem kalten Lammbraten versorgt und beginnen den Anstieg in die Zelengora Berge.
Orchideen, Eidechsen und Bärenspuren begleiten uns auf diesem äußerst einsamen Abschnitt. Nach einer langen Auffahrt und unterbrochen von Regenschauern sind wir froh, auf ca. 1500 m den verregneten Nachmittag unter dem Dach der Nationalpark-Ranger Hütte in der Nähe des Orlocacko Sees verbringen zu dürfen. Die geplante Wanderung auf einen der umliegenden Berge entfällt damit leider. Als Ausgleich gibt es schon wieder Rakija, dieses Mal vom Ranger und aus Zwetschgen gebrannt. Am Ende müssen wir nicht einmal das Zelt aufstellen.
Trübes Wetter begleitet uns am Morgen gut 200 Höhenmeter auf einen Pass hinauf. Dann beginnt eine lange Abfahrt durch Wolken-umwobene grüne Berge. Die ersten Kilometer bildet die Straße dabei die Grenze zum Sutjeska Nationalpark. Die Schotterpiste ist teils ruppig und wird erst besser, je mehr wir uns durch die zahlreicher werdenden Häuser der Teerstraße nähern. Hinter uns liegt ein wildes Gebiet, wie es wohl nur noch wenige in Europa gibt. Auf dem Weiterweg sitzen wir ein heftiges Gewitter an einem Picknickplatz aus. Es wird in den zwei Stunden dabei so kalt, dass wir uns mittags sogar eine heiße Suppe kochen und alles anziehen, was wir dabei haben.
Der Braunkohletagebau und das weithin sichtbare dazugehörige Kraftwerk machen den Ort Gacko nicht gerade zu einem Touristenmagneten. Zudem ist am Sonntag alles zu und grau ist es auch noch. Bei Nieselregen geht es ins Tal der Zalomka. Die gut ausgebaute und kaum befahrene Straße windet sich schön durch das Bachtal. Hier wohnen nur Wenige und so wird die Biwaksuche nicht allzu schwierig, sondern nur feucht. Den Schnaps des Tages gibt es später schon wieder im Zelt, denn es regnet erneut. Unglaublich, erst gestern Morgen haben wir das „Obstwasser“ geschenkt bekommen und inzwischen schon wieder so viel gesehen und erlebt.
Die Sonne weckt uns auf und gleich erscheint uns die feuchte Zeltwiese als ein Blumenparadies. Als wir dann noch im nächsten größeren Ort eine leckere Bäckerei finden, ist der ganze Regen schon wieder vergessen. Bei angenehmer Wärme radeln wir hinter Nevesinje über den kleinen Grebak Pass und rollen Richtung Mostar, das 1000 m tiefer im Tal der Neretva liegt. Doch auf dem Weg dorthin gibt es noch die Karstquelle der Buna, einem Nebenfluss der Neretva, zu bestaunen. Am Fuße einer 200 m hohen und senkrechten Felswand kommt hier einfach ein Fluss aus einem schwarzen Loch. Der Ort ist so besonders, dass hier schon im 17. Jahrhundert eine Tekke, ein Derwischkloster, gebaut wurde. Es ist top erhalten und wird entsprechend touristisch ausgeschlachtet. Faszinierend ist aber auf jeden Fall die Lage.
Mostar
Schon bei der Einfahrt in die größte Stadt der Herzegowina erkennen wir, dass es hier nicht immer so friedlich war. An vielen Ecken der Stadt stehen noch nur notdürftig gesicherte Haus-Ruinen und oft sieht man Einschusslöcher an den Fassaden. Richtig eindrücklich wird es dann am „Sniper Tower„, einem Kriegsmahnmal mitten in der Stadt. Das ehemalige Gebäude der Ljubljanska Bank war zu Zeiten der Belagerungen während des Bosnienkriegs 1992/93 das höchste Gebäude der Stadt und damit für die Scharfschützen der kroatisch dominierten Westseite hervorragend geeignet, die Bewohner der überwiegend von Bosniaken bewohnten Ostseite zu terrorisieren.
Auch heute noch ist die Stadt, die schon im Mittelalter um eine alte Brücker herum entstand (Mostar = Brückenwächter), ethnisch sehr gespalten. Während und nach dem Bosnienkrieg wurde die Stadt unter anderem durch Vertreibungen in einen kroatischen Teil westlich der Brücke und einen bosniakischen Teil im Osten aufgeteilt. Noch immer spürbar, gipfelte die Trennung schließlich in der Zerstörung des Wahrzeichens von Mostar, der fast 500 Jahre alten Brücke Stari most. Wir bekommen deshalb nur den Nachbau von 2004 zu sehen. Auch beeindruckend, aber eben nicht das Original. Der Touristenrummel beschränkt sich zum Glück auf einen kleinen Bereich der Altstadt, um die Brücke herum und im alten osmanischen Teil östlich davon. Schon etwas entfernt und vor allem nachts ist man fast alleine.
Nach einigen Rundtouren durch das Stadtgebiet genießen wir die Regenschauer in einer gut renovierten Ferienwohnung im Dach eines alten sozialistischen Wohnblocks und freuen uns schon wieder auf die Natur und Einsamkeit, die uns in den nächsten Tagen erwartet.
Blidinje See und Buško See
Den Talkessel von Mostar lassen wir schnell hinter uns. Auf einer guten Teerstraße kurbeln wir stetig hinauf in das schöne Hochtal mit den Ansiedlungen Goranci und Bogodol. Es zirpt überall und manch eine Grille sitzt direkt auf der Straße. Kurz nach der geschlossenen Hütte Mjesna Zajednica wird die Straße eine lockere Schotterpiste. Die folgenden 350 Höhenmeter sind für uns nicht immer fahrend zu bewältigen, aber die einsame Karstlandschaft ist sehr reizvoll. Auf 1400 m angekommen beginnt ein Auf und Ab auf einem etwas besseren Schotterweg, bis wir am Nachmittag den 1200 m hoch gelegenen Blidinje See erreichen.

Grasebene am Blidinje-See
Eine schöne Wolkenstimmung, saftige Blumenwiesen und Stecci (mittelalterliche Grabsteine), die einfach so mitten in der Landschaft liegen, machen den Ort besonders für uns. Auf einer Kuppe mitten im Grün genießen wir mit Aussicht und Sonne unseren traditionellen türkischen Kaffee und entdecken dann auch noch riesige weiße Pilze. Wir bestimmen sie als (wahrscheinlich) Wiesenchampignons und nehmen sie mal mit. Zu verlockend ist die Ergänzung unserer üblichen abendlichen Nudel-Pesto Kombination. In unserem Biwak an einem Fußballplatz mitten im Wald überleben wir unser Pilzgericht und finden sogar noch mehr der wundervollen Riesenpilze. Noch spannender war hier nur das Geheul von Wölfen, die wir hier zum ersten und einzigen Mal auf unserer Tour nachts hören.
Die letzte Etappe in Bosnien und Herzegowina führt uns an zwei großen Grasebenen entlang. Die erste liegt bei Seonica südlich von Tomislavgrad und besticht bei dunklen Wolken mit einem roten, blauen und gelben Blumenmeer. Hier erfahren wir von 3 Österreichern, dass heute Feiertag und damit alles geschlossen ist. Wie gut, dass wir wenigstens noch Pilze haben.
Es folgt eine Überfahrt über einen weiten Sattel, erst nagelneuer Teer, dann knackiger Schotter, zum großen Buško See. Entlang von diesem sind wir auch bald an der Livno Ebene angekommen. Auf der Fahrt hierher sehen wir dabei an vielen Häusern die Flagge Kroatiens und auch immer wieder Ortsschilder, deren kyrillischer und damit serbischer Name unkenntlich gemacht wurde. Manche sind wohl mit dem derzeitigen Status nicht zufrieden.
Wir verlassen die 65 km lange und 380 Quadratkilometer große Grasebene über den Vaganj Pass. Hier haben wir noch einmal einen schönen Überblick über die riesige grüne Fläche, die nur am Rande bevölkert ist. Kurz hinter der windigen und kühlen Passhöhe erreichen wir die kroatische Grenze und sind damit zurück in der EU.

Livno-Ebene
Kroatien und Slowenien
Cetina und Dinara
Kroatisches Hinterland
Velebit Gebirge
Slowenisches Karstland
Ljubljana
Um die Karawanken
Cetina und Dinara
Kroatien begrüßt uns mit vielen tiefhängenden Wolken und einer schnurgeraden Straße. Gut eingepackt geht es hinunter bis zur Cetina und weiter nach Sinj. Wir nutzen die Kleinstadt als Versorgungs-Stopp und sind erstaunt, wie belebt der Hauptplatz mit seinen zahlreichen Cafés ist, denn nur wenige Kilometer außerhalb sind wir wieder komplett alleine unterwegs. Unsere Route führt uns hoch über dem Ostufer des Cetina-Stausees entlang nach Norden. Hier gibt es kaum Häuser, vieles verfällt.
Das Massiv der Dinara als heutiges Tagesziel vor Augen durchqueren wir üppig blühende Distelwiesen und erreichen den Ort Cetina in der Nachmittagssonne. Hier gibt es nicht nur Reste einer Brücke aus alten Grabsteinen, sondern auch die schön gelegene Ruine einer mittelalterlichen Kirche und natürlich die faszinierende Karstquelle der Cetina. Aus einem über 100 Meter tiefen und türkis-blauem Trichter entströmt beständig das Wasser eines ganzen Flusses. Wir lassen uns Zeit, stehen bald ganz alleine am Rand des glas-klaren Wassers und können kaum verstehen, woher in dieser trockenen Karstlandschaft das ganze Wasser kommt. Gut für uns, denn wir brauchen noch Koch- und Duschwasser, um uns wenig später am „Basislager“ der Dinara zu versorgen.
Die aus einem Container bestehende „Hütte“ ist verschlossen. Dafür gibt es eine schöne Wiese neben einem ausladenden Baum mit Picknickbank und free Wifi. Perfekt für unser kleines Zelt. Am nächsten Tag ruhen die Räder zunächst, denn wir besteigen die Dinara. Es ist schließlich nicht nur der höchste Berg Kroatiens (1831 m), sondern auch der Namensgeber für die größte Bergkette des Balkans, die Dinarischen Alpen. Wir haben Glück, das Wetter reißt auf, und nach einigen Stunden stehen wir bei stürmischem Wind am kleinen Gipfelunterstand. Der Blick geht über wind-zerzauste Karstrücken weit in alle Richtungen, sogar bis zum Meer. Auf der fast 8-stündigen Rundwanderung begegnen wir sogar einigen anderen Wanderern, aber leider deutlich weniger Blumen als bisher.

Dinara, 1831 m, Gipfelpanorama nach Norden
Da wir kein Wasser und kein Essen mehr haben, radeln wir noch ein Stück weiter. Gestärkt durch leckere Maulbeeren fahren wir hinab ins wunderschöne Tal der Krcic. Auf der alten und etwas staubigen Napoleon-Straße folgen wir den vielen Kurven des Bachs, bis wir eine geeignete Badestelle finden. Das Wasser ist so kalt, wie es klar aussieht und ist eine herrliche Abfrischung nach der langen Wanderung. Am Ende des Tales stürzt der Bach dann über einen Wasserfall in die Karstquelle der Krka. Ein beeindruckendes Wasser-Schauspiel.
Kroatisches Hinterland
Im nahegelegenen Knin finden wir an einem Sonntag sogar einen offenen Supermarkt, so dass wir unsere Taschen wieder füllen können. Ansonsten hat die Stadt für uns keinen Flair: Eine große metall-verarbeitende Fabrik und weitläufige Gleisanlagen laden nicht zum Verweilen ein. Auch dieser Ort hat eine bewegte Geschichte während des Kroatienkrieges 1991-1995.
Wir treffen hier aber die ersten Teilnehmer des diesjährigen Trans Balkan Race, das gerade stattfindet. Da wir in den folgenden beiden Tagen dem Rennverlauf entgegengesetzt fahren, wird dies nicht die einzige Begegnung bleiben. Nun wissen wir, dass wir nicht die einzigen Radler sind, die von der anrückenden Regenfront erwischt werden. Allerdings haben wir den Vorteil, dass wir Zeit haben und einen gerade rechtzeitig entdeckten trockenen Raum neben einer einsamen Kirche für einen gemütlichen Kaffee- und Lese-Nachmittag nutzen können. Wir sitzen den Regen aus und können am nächsten Tag sogar mit einem trockenen Zelt starten.
Über ausgewaschene Schotterpisten geht es sehr einsam an einer Bahnlinie entlang. Regenschauer, dunkle Wolken und immer wieder vom Krieg zerstörte Häuser erzeugen eine etwas trostlose Stimmung.
Bei Otric erreichen wir die große Verbindungsstraße D1. Es gewittert und fängt zu schütten an und wir erkennen, dass die vorbei donnernden Lastwagen für uns zusätzlich eine „Volldusche“ wären. Deshalb suchen wir unter einem kleinen Dach eines verlassenen Hauses Schutz. Diese Idee haben nicht nur wir, sondern auch einige weitere Fahrer des Trans Balkan Race. Sie freuen sich über den spendierten Kaffee und die Kekse, bevor sie im Regen wieder weiterziehen müssen und wir fühlen uns ein bisschen wie „Trail Angels“.
Irgendwann wird der Regen leichter und auch wir wagen uns auf die Straße zurück. Hier kommen uns bald weitere Race-Teilnehmer entgegen, unter anderem Martin „Biketour-Global“ (dessen Podcast wir schon länger hören) und seine Freunde. Vom Regen und Matsch der letzten Tage gezeichnet, haben sie für sich beschlossen, das Rennen zu beenden und lieber Richtung Meer und Sonne zu rollen. Für uns geht es heute noch weiter bis nach Gracac, hauptsächlich bergab. Etwas durchnässt gönnen wir uns hier einen richtigen Campingplatz.

Kriegsfolgen oder einfach nur Abwanderung?
Damit haben wir den südlichen Ausläufer des Velebit-Gebirges erreicht. Doch bevor es tiefer in die Berge geht, fahren wir bis nach Gospic zuerst noch eine Etappe an ihnen entlang. Dabei radeln wir meist flach durch sehr dünn besiedelte Graslandschaften, die immer wieder Spuren des Krieges und den damit verbundenen Vertreibungen erkennen lassen. Vieles ist verlassen, verfallen und wirkt etwas gespenstisch. Aber die üppig grünen und blühenden Wiesen sind für uns ein willkommener Gegensatz, wenn man sie auch besser nur von der Straße aus betrachtet, da es scheinbar immer noch vereinzelt Minen gibt.
Velebit Gebirge
In Gospic stocken wir noch einmal Lebensmittel auf, da es in den folgenden zwei Tagen keinerlei Versorgungsmöglichkeit geben wird. Bei endlich strahlendem Sonnenschein radeln wir einige Kilometer hinter dem Ort in den großen Wald des Velebit Gebirges hinein. Gleich am Anfang kommen wir dabei am etwas vernachlässigten Mahnmal für das Konzentrationslager Jadovno vorbei. 1941 wurden in dem von Kroaten geleiteten Lager wohl mehrere Zehntausend Menschen ermordet und unter anderem in den noch sichtbaren nahegelegenen Höhlenschlund Saran geworfen. Unvorstellbar, wenn man nun durch den ruhigen und unschuldig wirkenden Wald radelt.
An nur wenigen Stellen gibt der große Wald den Blick auf die umliegende Bergkette mit ihren Karstfelsen frei. Tiefer im Wald gibt es dann sogar ein größeres Stück Teerstraße und einige geschlossene Wanderhütten. Ansonsten sind wir mit den Waldtieren alleine hier. Vögel und sich innig liebende Schnecken sind ja harmlos, aber eine eindeutige Hinterlassenschaft auf der Schotterpiste erinnert uns wieder daran, dass es hier viele Braunbären gibt. Wasser ist auch ein Problem. Der Wald ist zwar feucht, aber fließendes Wasser sucht man vergebens. Da sind die wenigen, jetzt im Frühjahr noch gefüllten Zisternen, umso wichtiger. Nach Abkochen oder Filtern kann man das Wasser verwenden.
Nach vielen Stunden durch einen schier endlosen Wald erreichen wir im Abendlicht die Hütte und Wetterstation Zavizan auf ca. 1600 m. Hier, in der Nähe des höchsten Punktes des Velebit, haben wir zum ersten Mal Blick hinaus auf die Inselwelt vor der kroatischen Küste. Bei Sonnenuntergang kochen wir unsere Nudeln und genießen den Ausblick.
Damit ist es aber später geworden als gedacht und wir brauchen noch einen Übernachtungsplatz. Da hier etliche Braunbären leben, kommt uns ein Unterstand an einer Picknickstelle gerade recht. Wir hoffen, hinter Tisch, Bänken und den Rädern verbarrikadiert wenigstens etwas vor ihnen geschützt zu sein. Aber kaum liegen wir ruhig im Schlafsack, knacken nicht weit entfernt von uns Äste und ein Bär zieht grummelnd den nahen Hang entlang. Mit klopfendem Herz sitzen wir aufrecht im Zelt und hoffen. Er lässt uns zum Glück in Ruhe, aber in dieser Nacht schlafen wir gefühlt überhaupt nicht mehr.

Von den Gipfeln des Velebit zum Meer
Etwas übermüdet starten wir am nächsten Morgen die Abfahrt zum Vratnik Pass (700 m). Hier quert auf über 100 Kilometer die einzige größere Straße das Velebit Gebirge. Nördlich vom Pass gibt es deutlich weniger Wald und dafür mehr Ausblick auf die Inseln der Kvarner Bucht (Rab, Cres, Krk u.a.). Fantastische kleine Teerstraßen ohne Verkehr, tolle Meerblicke und gutes Wetter machen diesen Abschnitt zu einem der schönsten der gesamten Balkan-Tour. Auch dieser Nordteil ist äußerst dünn besiedelt und bis Fusine treffen wir kaum Menschen.

Entlang des nördlichen Velebit
Nach einer nebel-feuchten Nacht dauert es etwas, bis sich die Sonne wieder durchsetzt. Es wird sogar so warm, dass wir froh sind, nach einigen Kilometern entlang der Autobahn ab dem Ort Lokve wieder in den schattigen Wald einzutauchen. Eine kleine Straße windet sich am Lokvarsko Stausee entlang Richtung Norden und wir durchqueren bald den einsamen und wenig besuchten Risnjak Nationalpark. In dem riesigen Waldgebiet sind Luchs, Wolf und Bär zu Hause. Wir sehen aber – zum Glück – keinen davon, sondern nur viel Wald. Im Park entspringt auch der Fluss Kupa, dem wir ein Stück folgen. Weiter geht es entlang der slowenischen Grenze an der Cabranka. Am Ende des Tales verabschiedet sich Kroatien von uns mit einem 400 Höhenmeter Anstieg auf einen nicht-benamten Pass hinauf. Schon bald sind wir hinter Prezid in Slowenien, unserem Land Nummer acht.
Slowenisches Karstland
Die gesamte Strecke bis in die Hauptstadt Ljubljana ist geprägt vom Phänomen des Karst. Die oberirdisch nicht wirklich spektakuläre Landschaft mit großen Wäldern und ausgedehnten Wiesen ist durchzogen von einem einzigartigen System von Höhlen und unteririschen Flüssen. Diese kommen an einigen Stellen zu Tage und verschwinden an anderen Stellen wieder spurlos, oder bilden, nur zu bestimmten Jahreszeiten und Wasserständen, ganze Seen.
Nach einer ruhigen Nacht im Kamp Beli Gaber fahren wir zuerst zur Höhle Križna Jama. In dieser Wasserhöhle wurden Knochen von Höhlenbären gefunden und es ist eine der wenigen Höhlen, die man besichtigen kann und die keine installierte Beleuchtung hat. Höhepunkt ist eine kleine Schlauchbootfahrt auf einem Höhlensee, begleitet vom Rauschen des Flusses, der durch die Höhle fließt.
Weiter geht es zum Zirknitzer See, der trotz des vielen Regens der letzten Wochen nicht seinen Höchststand erreicht hat. Im Sommer verschwindet der See komplett und das Wasser versickert im Untergrund, so als ob man den Stöpsel in einer Badewanne zieht. Kaum vorstellbar! Am Rand zieht eine Schotterpiste entlang und wir bekommen einen guten Eindruck von der großen See/Gras-Fläche.

Zirknitzer See
Ab Cerknica geht es wieder auf Schotter in den Wald. Der wird hier aber plötzlich von der faszinierenden Höhlen-Fluss-Schlucht Rakov Škocjan unterbrochen. Der Fluss Rak hat sich über Jahrtausende so tief in das Karstgestein eingegraben, dass auf gut 2 Kilometer Länge die Höhlendecke teilweise eingestürzt ist und dabei eine beeindruckende Landschaft geformt hat. Üppige Vegetation, steile Felswände und Felsbrücken begleiten einen rauschenden Fluss, der immer wieder im Dunkel verschwindet. An einigen Stellen gibt es Pfade hinab zum Fluss, der bei uns viel Wasser führt. Deshalb können wir nicht alles erwandern, aber wir sind komplett alleine hier und so hinterlässt das durch die Höhlen tosende Wasser bei uns einen bleibenden Eindruck.
Den dann folgenden Abschnitt bis Vrhnika fanden wir dafür nicht so toll. Die kleine Nebenstraße unserer Route führt parallel zur Autobahn. Doch diese ist scheinbar gesperrt und eine entsprechende Blechlawine wälzt sich auf unserem „Radweg“. Erst auf der großen, vom Fluss Ljubljanica durchzogenen Grasebene, entkommen wir wieder dem Verkehr und genießen auf den letzten 20 Kilometern bis Ljubljana die Ruhe.
Ljubljana
Durch die große Gras-bewachsene Ebene des Flusses Ljubljanica erreichen wir von Südwesten Ljubljana, die Hauptstadt Sloweniens. Für uns sind es nur wenige Kilometer von wilder Natur zu der modernen und hippen Universitätsstadt mit seinen fast 300.000 Einwohnern. Wir beziehen ein kleines Apartment im Komplex der alten Tabakfabrik und fühlen uns in dem Jugendstilbau zwischen zahlreichen Start-Ups, Studios und anderen Wohnungen gleich wohl. Dann geht es zu Fuß in die überschaubare Altstadt. Die ist am ausnahmsweise milden Frühsommerabend ziemlich belebt. Der Fluss Ljubljanica durchzieht hier die Innenstadt in einem Bogen und wird gesäumt von einigen Bauten des berühmten Stadtgestalters Jože Plečnik. Seit 2021 zählt seine „am Menschen orientierte Stadtgestaltung“ zum UNESCO-Welterbe und man begegnet seinem Einfluss überall, von der Straßenbeleuchtung über die Nationalbibliothek bis zu den zentralen „Drei Brücken“. Die Drachen, auch Wahrzeichen und Beschützer der Stadt, stammen allerdings vom Architekten Jurij Zaninovic, der diese vor gut 120 Jahren sehr fotogen auf die „Drachenbrücke“ gesetzt hat.
Der nächste Morgen bringt schon wieder Regen und viele graue Wolken. So sehen wir vom Burghügel aus zwar leider nichts von den nahen Alpen, speziell den Karawanken, dafür fasziniert uns aber der neu geschaffene Unterbau des Burghofs. Die wenigen wirklich noch mittelalterlichen Mauern wurden in den letzten 20 Jahren aufwändig renoviert und unterirdisch ergänzt. Nun gibt es Ausstellungen, einen Jazzclub, einen Schrägaufzug von der Stadt hinauf und einige Kunstinstallationen. Uns gefällt die Beton- und leicht rostige Stahloptik.







Nach so manchen trüben und vom Konflikten gezeichneten Orten entlang des Balkans tut die Frische und das Ambiente von Ljubljana richtig gut. Wir entdecken überall kleine Besonderheiten, von „Rad-Kunst“ über Graffiti und andere Wandbilder bis zu kleinen Kunstwerken auf Mauersimsen. Es scheint eine lebhafte Kunstszene in der Stadt zu geben.
Und dann treffen wir per Zufall auch noch auf die Wanderausstellung der „United Buddy Bears„, einem vor über 20 Jahren in Berlin entstandenen Kunstprojekts, das um die Welt zieht. Vor Architektur aus dem Ende des letzten Jahrhunderts stehen hier für fast jedes Land der Welt ein bemalter Kunststoff-Bär auf einem großen Platz. Die alle individuell von einem Künstler des jeweiligen Landes gestalteten Figuren sind spannend anzuschauen. Man ist fast versucht, jeden davon zu fotografieren. Irgendwann reißen wir uns aber los, denn wir wollen am Abend noch ein Sinfoniekonzert auf dem Platz vor der alten Universität erleben. Doch der Regen spielt uns wieder einen Streich und das Konzert wird kurzerhand in den schönen Bau der slowenischen Philharmonie verlegt. Im anschließenden Platzregen werden wir bis zu unserem Apartment bis auf die Haut nass und können nur hoffen, alles für die letzte große Etappe, die Überquerung der Alpen, wieder trocken zu bekommen.
Um die Karawanken
Der eigentliche Plan, über Bled nach Tarvisio und vor dort über den Alpe-Adria Radweg gemütlich Richtung Heimat zu radeln, fällt ins Wasser. Die Vorhersage ist so schlecht, dass wir umplanen und in die entgegengesetzte Richtung starten. Wir wollen die Karawanken auf der Ostseite umfahren, da auch die Berge dazwischen komplett in Wolken stecken. Bei leichtem Regen fahren wir los und bleiben aber den Rest des Tages erstaunlich trocken. Allerdings hat uns vor allem bis nach Kamnik der Verkehr ziemlich genervt. Nach den guten Radwegen in Ljubljana gibt es hier keinerlei Radwege, keine Schultern an der Straße, dafür aber viel Verkehr und vor allem viele Lastwagen.
Nach einer Regen-bedingten längeren Mittagspause wird es dann hinter Kamnik langsam besser. Auf kleineren Straßen geht es durch eine grüne Hügellandschaft, bis wir an einem einsamen Stausee eine Biwakstelle finden. Nach der Überquerung der Savinja erreichen wir bald die Bergbau- und Industrie-Stadt Velenje. Für uns beginnt hier der Štrekna, ein Radweg auf der ehemaligen Bahnlinie zwischen Velenje und Dravograd. Die folgenden 36 Kilometer sind ein zum Teil erst 2 Wochen vorher eröffneter super ausgebauter Radweg: Geteert, mit Rast- und Wasserstellen, Infotafeln, Tunneln und neuen Brücken. Slowenien meint es also im letzten Abschnitt noch gut mit uns. Wahrscheinlich auf Grund des Wetters sind wir ganz alleine unterwegs und genießen das autofreie Dahinradeln, vor allem, als es dann nach dem ersten Drittel der Strecke ab Mislinja hauptsächlich bergab geht. In Dravograd treffen wir auf die nach vielen Regentagen ziemlich volle Drau. Ab hier folgen wir dem Drau-Radweg und sind bald in Österreich.
Österreich und Deutschland
Durch das feuchte Kärnten
Über die Alpen
Oberbayern
Durch das feuchte Kärnten
Auch hier ist das Wetter nicht besser, es regnet immer wieder. Der eher schlechte Radweg, der ausschließlich entlang einer zum Glück nicht allzu befahrenen Bundesstraße führt, hellt die Stimmung auch nicht gerade auf. Außer uns scheint auch keiner mehr mit dem Rad unterwegs zu sein. Dafür haben wir die Hängebrücke Santa Lucia, eine Fußgänger-Brücke über einen Nebenfluss der Drau, für uns. An leicht schwankenden Seilen geht es über etwas glitschige Bohlen auf die andere Seite. Dort steht die „Himmelsstiege“, ein Kunstobjekt an einer Rastplatzinsel. Alles etwas trist im Regen, aber wenigstens gibt es Trinkwasser und so können wir uns bald in den nächsten Wald verziehen.
Bei Völkermarkt verlassen wir die Drau und queren über kleine Nebenstraßen ins Gurk-Tal. Hinter Althofen und einer Mittagspause, die wir teilweise zum Zelt-Trocknen nutzen und teilweise wegen Regen in einem Jägerstand verbringen, verlassen wir auch die Gurk wieder und fahren Richtung Zentralalpen ins Mettnitztal. Bis hier war die Strecke eher flach.
Über die Alpen
Im wunderschönen und wenig besiedelten Mettnitztal steigt es über gut 25 km stetig an, bis wir, nach einem Gewitter-bedingt etwas abenteuerlichen Biwak, am nächsten Morgen die Passhöhe der Flattnitz Höhe (1400 m) und damit die Steiermark erreichen. Die Berge verstecken sich leider wieder, aber wenigstens bekommen wir einen schönen Eindruck von dieser Hochebene in den Gurktaler Alpen. Nach der langen und schönen Abfahrt bis nach Stadl an der Mur wird auch das Wetter langsam besser. Und mit dem Mur-Radweg beginnt wieder ein längerer autofreier Abschnitt. In mehreren großen Schleifen geht es immer flussaufwärts an der Mur entlang. Scheinbar hat es auch hier ergiebig geregnet und so begleitet uns das Rauschen der Wassermassen, bis wir bei Illmitzen den schönen Fluss wieder verlassen.
Dann beginnen wir den Aufstieg zum Radstädter Tauernpass, dem einzigen größeren Pass unserer Alpenquerung. Da der Campingplatz in Mauterndorf geschlossen ist, wird die Suche nach einem „versteckten Biwak“ spannend. Doch wir haben Glück, werden fündig und können die letzten Sonnenstrahlen bei einem Abendtrunk genießen. Der nächste Morgen macht richtig Hoffnung, blauer Himmel und noch wenig Verkehr auf der Passtrasse. Bald sind wir in dem unschönen Obertauern auf der Passhöhe und sausen bei bestem Wetter nach Radstadt. Dabei führt der größere Teil der Strecke über eine gut geschotterte Radstrecke an der Taurach entlang.
Eigentlich hatten wir geplant, in Bischofshofen auf den Alpe-Adria Radweg zu kommen und diesen nach Salzburg zu radeln. Da uns Sara und Jonas aber einige Tage voraus sind, haben sie uns informiert, dass der Radweg durch einen Felssturz am Pass Lueg gesperrt ist. Die einzige Möglichkeit wäre eine Umfahrung mit dem Zug. Da haben wir lieber umgeplant und sind östlich um das Tennengebirge herum gefahren.
Mit wenigen Steigungen geht es bis Annaberg im Lammertal leicht bergauf, oft auf einem Radweg. Schon bald danach biegen wir auf eine kleine Teerstraße ab, die uns durch das schöne Lammertal führt. Ab Pichl bleibt uns dann für ca. 5 km nur die Bundesstraße, bis wir auf den geschotterten Lammertal-Radweg abbiegen können. Über diesen geht es gemütlich nach Golling. Hier sind wir auf einmal von vielen Radfahrern umgeben, die alle auf dem Alpe-Adria Radweg unterwegs sind. Da uns die meisten entgegenkommen, haben wir in unserer Richtung freie Fahrt entlang der Salzach bis nach Salzburg.
Bald stehen wir mit unseren bepackten Rädern zwischen den zahlreichen Touristen vor dem Salzburger Dom und es fühlt sich fast wie der Zieleinlauf an. Aber es fehlt ja noch das Stück durch unser letztes Land, Deutschland.
Oberbayern
Jetzt hält uns nichts mehr. Das Zuhause mit allen Annehmlichkeiten (einschließlich einer warmen Dusche) sind zu verlockend. Wir nutzen das endlich sommerliche und trockene Wetter und machen bei weiß-blauem Himmel gut Strecke. Da im Vergleich zum Rest unserer Tour hier die Höhenmeter fehlen, sind wir bald in Teisendorf, Traunstein und dann am Chiemsee. Nach den Stränden in Griechenland, baden wir zum ersten Mal wieder in einem Nicht-Fließgewässer. Danach queren wir weiter Richtung Westen auf teils etwas matschigen Forstwegen die mückigen Wälder der Eggstätt-Hemhofer Seenplatte und verbringen ein letztes Biwak im Wald.
Nun sind es nur noch 120 Kilometer bis zum Ziel. Eigentlich fahren wir normalerweise kleinere Etappen. Aber das Wetter passt, die Strecke ist recht flach und die Landschaft ist für uns nicht spektakulär, aber natürlich sehr schön. Mit einem kurzen Stopp in der gepflegten Altstadt von Rosenheim sind wir bald auf dem Mangfall Radweg, der uns, immer am Fluss entlang, auf bestem Schotter über 20 Kilometer bis Feldkirchen-Westerham bringt. Ein Sprung in die erfrischende Mangfall ist dabei ein Muss.
Hinter Grosshelfendorf tauchen wir in die Wälder der Schotterebene um München herum ein. Autofrei folgen wir schnurgeraden Forst-„Autobahnen“, zuerst durch den Hofoldinger Forst, dann hinter Sauerlach durch den Deisenhofener Forst und schließlich durch den Grünwalder Forst. Spätestens als wir bei Höllriegelskreuth die Isar überqueren, erreichen wir wieder unser bekanntes Tagestouren-Revier und wir wissen, dass wir es damit heute ans Ziel schaffen werden. Schnell haben wir den Forstenrieder Park durchquert und über Gauting und Germering rollen wir an einem sommerlichen Abend in unseren Heimatort Eichenau ein.
Gesund, glücklich, zufrieden und ein bisschen stolz haben wir damit unser längstes Radabenteuer beendet.
Fazit und Erfahrungen

Thema Übernachtungen
Nur in Albanien ist Wildzelten offiziell erlaubt. In manchen Ländern ist es toleriert, in anderen strikt verboten. Auf einsamen Strecken gibt es oft keine Alternativen. Und eingekeilt zwischen Wohnmobilen zu zelten, macht uns keinen Spaß mehr. Wir halten uns dabei aber immer an die Prinzipien von “Leave-No-Trace” (eine gute Erklärung findet ihr hier).
Ausrüstung
Wir werden nicht von Sponsoren unterstützt! Die Markennamen werden nur genannt, um euch entsprechende Infos weiterzugeben und sind somit keine Werbung oder Empfehlung.
Räder
Wohnen
Kochen
Unsere Route durch den Balkan
BLAU = Route durch den Balkan
ZELT = Biwakstellen (Hinweis: Die Biwakstellen markieren nur die „ungefähren“ Bereiche, in denen wir einen geeigneten „Platz“ gefunden haben)
Punkte = Übernachtungen in Zimmer/Apartment/Hütte