Kirgistan (2): Issyk Kul bis Naryn

Nachdem wir uns im Ort Barskoon nochmals mit Lebensmitteln versorgt haben, verlassen wir den Issyk Kul und beginnen den Anstieg auf den Barskoon Pass. Hinter dem Ort beginnt die Schotterpiste, die auch zur weit hinter der Passhöhe liegenden Goldmine Kumtor (unter kanadischer Lizenz) führt. Deshalb ist sie einerseits gut angelegt (breit und nicht wesentlich über 10 % Steigung) und gepflegt (wird regelmäßig gegen den Staub gewässert), aber auch von Sattelschleppern und Schwerlast-Bussen genutzt, da die Mine scheinbar Unmengen an Treibstoff benötigt und mehrere Tausend Mitarbeiter transportiert werden müssen. Im unteren Teil des langen Tals entlang des Barskoon Rivers besteht der Verkehr aber zunächst überwiegend aus kirgisischen Ausflüglern, die zu den Barskoon Wasserfällen und dem Denkmal für Juri Gagarin unterwegs sind.

Mit jedem Kilometer lassen wir die Hitze etwas hinter uns und können den Wechsel der Landschaft genießen. Am Beginn ist es noch sehr trocken und braun, dann wird es immer grüner und von den Flanken stürzen sich Bäche Richtung Tal. In Höhenlagen zwischen ca. 2000 und 2800 m kommen wir durch lichten Wald aus schlanken und riesigen Tian Shan Tannen. Es sieht ein bisschen aus wie in den Alpen. Nach dem Denkmal für Juri Gagarin sind wir erstaunlicherweise fast alleine auf der Straße. Der Verkehr zur Mine ist erträglich. Schwieriger wird es mit dem Wasser, denn im oberen Teil des Tales sind alle Bäche und der Barskoon River mit viel Sediment geladen. Wir sind froh, dass wir von dem Posten am Checkpoint (auf ca. 2800 m) etwas Trinkwasser bekommen. Dann beginnen die Serpentinen und die Aussicht auf die vor uns liegenden Gletscherberge wird immer beeindruckender. Auf ca. 3200 m schlagen wir in der Nähe einer Quelle unser Zelt auf. Wir haben Glück mit dem Wetter, denn die häufig nachmittags auftretenden Gewitter sind heute ausgeblieben.


Trotz der Höhe schlafen wir gut. Das Wetter hält und so haben wir bald die verbleibenden 600 Höhenmeter hinter uns. Spannend wird es nur an einem Erdrutsch, dessen Schlamm von großen Raupen verteilt wird. Bei angenehmen Temperaturen erreichen wir die Passhöhe des Barskoon Passes (3819 m). Hier öffnet sich die Landschaft und wir rollen auf der Südseite gemächlich durch Seen und eine Tundra-ähnliche Hochfläche. Schon bald biegen wir nach Westen in eine deutlich kleinere Fahrspur ab, die uns nach kurzen Anstiegen auf die Passhöhe des Ara Bel Passes (3845 m) bringt. Außer sehr wenigen Jurten ist es hier absolut einsam. Wir haben mit unseren Rädern diese wunderschöne Strecke für uns alleine.

Hochplateau am Barskoon Pass


Dann folgt die steile und steinige Abfahrt ins obere Burkhan Tal und wir tauchen ein in eine Graslandschaft, die von unzähligen Pferden, Schafen und Rindern bevölkert ist. Nach der anfänglichen Steilstufe geht es auf einer erstaunlich gut zu fahrenden Fahrspur immer leicht bergab. Die Strecke bleibt auf der Nordseite des stetig größer werdenden Flusses und die ersten Jurten und Menschen treffen wir erst nach gut 10 km. Da es hier keine Brücken für die Seitenbäche gibt, müssen wir öfters furten. Eine dieser Querungen durch gut knietiefes, milchiges Wasser ist dabei etwas anspruchsvoller.
Wasser kommt heute auch von oben. Am Nachmittag zieht ein bedrohliches Gewitter auf und wir schaffen es gerade noch rechtzeitig, das Zelt aufzustellen. Zwischen den Gletscherbergen, einsam in einem Hochtal auf über 3000 Meter ist das wirklich beeindruckend. Es wird die erste kühlere Nacht unserer Tour, denn es regnet durch.
Am kommenden Vormittag bessert sich das Wetter aber schnell und den Rest dieses wunderschönen Tales fahren wir bei strahlendem Sonnenschein über teils nur spärlich sichtbare Fahrspuren in den kurz gefressenen Wiesen. Nachdem wir auf die Straße, die vom Tosor Pass kommt, gestoßen sind, wird das Tal nochmals weiter. Die Straße wird größer, es beginnt aber auch das erste Wellblech im Schotter. Oft können schlechtere Abschnitte auf Fahrspuren in den Wiesen umfahren werden. Diese sind besser als so manche Teerstraße in Kirgistan.

Nach weiteren ca. 30 km beginnt die Schlucht des „Smaller-Naryn“ Flusses. Es ist eine atemberaubende Landschaft. Braune Grashänge, die ersten wenigen Häuser und später Bäume in einer engen Schlucht mit gewaltigem dunkelbraunen Wasser machen die Strecke sehr abwechslungsreich. Wir überqueren mehrfach den Fluss auf Brücken. Das bedeutet immer wieder hinab zum Fluss und auf der anderen Seite hinauf und so kommen doch einige Höhenmeter zusammen. Bis wir die Schlucht hinter uns lassen wird es immer heißer und die ersten Dörfer bringen auch mehr Verkehr auf der sehr staubigen Piste mit sich. Als wir nach über 200 km auf Schotter beim Dorf Tash-Bashat auf den ersten Teer treffen ist die Freude allerdings kurz. Gleich nach dem Ort geht es mit Schotter weiter. Der starke Gegenwind macht die verbleibenden 30 km anstrengend, heiß und staubig.

Endlose braune Weiden am Ende des Burkhan Tales

Die Provinzhauptstadt Naryn erreichen wir erst am Abend. Nicht nur das etwas heruntergekommene Hotel Ala-Too, in dem wir ein „renoviertes“ Zimmer nehmen, sondern auch die anschließende erfolglose Suche nach einem geöffneten Restaurant lassen uns den Ort etwas trostlos erscheinen. Am nächsten Vormittag besuchen wir noch den Markt und beginnen bald die nächste Etappe, die uns nach Süden über eine sehr gut ausgebaute Straße den nächsten Pässen entgegen bringt.

“Freiheitsstatue” am Erkindik-Platz im Zentrum von Naryn

blau = Radtour, Marker = Übernachtungen

[GPX-Datei: Kirgistan_Teil2 ]

Etappen:
3. Tamga – Barskoon Pass -> 48 km, 1700 hm
4. Barskoon Pass – Burkhan Valley -> 51 km, 810 hm
5. Burkhan Valley – Smaller Naryn River -> 70 km, 400 hm
6. Smaller Naryn River – Naryn -> 93 km, 770 hm

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