Kirgistan (1): Bishkek und Issyk Kul

Unsere Radreise durch Kirgistan, eine der ehemaligen Sowjetrepubliken in Zentralasien, beginnt mit einem Flug nach Bishkek. Pegasus Airlines bringt uns mit einem Zwischenstopp in Istanbul pünktlich in die Hauptstadt Kirgistans und so stehen wir mit unseren gut verpackten Rädern (Kosten: 50 Euro pro Rad als Sportgepäck, den Karton organisieren wir uns in einem Radladen) an einem heißen August Morgen am Manas Airport, ca. 30 km nördlich des Stadtzentrums. Von 2 geschickten Taxifahrern werden wir überredet, für überhöhte 30 Euro (kostet im Durchschnitt nur die Hälfte!) in einem Van samt den Radkartons zu unserem Hotel zu fahren (Viva Hotel, in der Nähe des Osch Bazars gelegen und sehr zu empfehlen). Aber so können wir die durchflogene Nacht und die 4 Stunden Zeitverschiebung bald in Ruhe kompensieren.

In den folgenden knapp 2 Tagen erkunden wir, teils mit dem Rad, die Stadt mit ihren Bazaren, Moscheen und den relativ wenigen sehenswerten Bauwerken, die oft noch aus der Sowjetzeit stammen. Für unsere Radreise organisieren wir eine SIM Karte, ein paar Essensvorräte und versuchen herauszufinden, wie wir mit den Rädern im Zug an den Issyk Kul fahren können. Da für die nächsten Tage auch für hier ungewöhnliche Temperaturen von bis zu 40 Grad angesagt sind, wollen wir uns die erste Strecke von ca. 200 km sparen und die Tour bei Balykchy auf 1600 m Höhe beginnen.

Sehenswürdigkeiten in Bishkek

Osch-Bazar in Bishkek

Unsere geplante Rundtour durch das östliche und zentrale Kirgistan durchquert das Tian Shan Gebirge und folgt in weiten Teilen der Route des Silk Road Mountain Races (SRMR). Dabei fahren wir die Tracks dieses legendären Bikepacking Races in umgekehrter Richtung und treffen so alle Fahrer des zeitgleich stattfindenden diesjährigen Rennens. Sehr beeindruckend! Wir lassen uns aber etwas mehr Zeit und sind auch eher mit einem Reiserad Setup unterwegs. Das funktioniert aber erstaunlich gut. An den wirklich heiklen Stellen muss jeder schieben, auch Bikepacker.

Bevor es losgeht, gibt es vorab schon das Resümee:
Kirgistan wurde 1991 unabhängig und ist die einzige parlamentarische Demokratie in diesem Teil der Erde. Deutsche Staatsbürger benötigen für die Einreise kein Visum. Es ist ein recht armes Land, das praktisch nur aus Gebirge besteht und von ca. 6 Millionen Menschen bewohnt wird. Diese haben wir als äußerst freundlich und aufgeschlossen erlebt. Dass sie einen Radfahrer manchmal zu nah überholen, liegt wahrscheinlich daran, dass sie zur Fortbewegung nur Autos und Pferde kennen. Radfahrer gibt es nur als Touristen. Da der Verkehr außerhalb der Orte aber sehr dünn ist, können wir damit aber leben. Die Straßen selber sind sehr unterschiedlich. Unbefestigte Straßen gibt es in allen Variationen: Lockere Schotterpisten – oft mit Wellblech -, sandige Bereiche, festgefahrene Lehmstraßen, Fahrspuren in ganz kurz gefressenen Wiesen. Es gibt auch ein paar Teerstraßen. Manche bestehen nur aus einem Flickenteppich und man sehnt sich sogar eher eine Schotterpiste herbei.
Bei ein bisschen Bescheidenheit ist die Versorgungslage auch auf dem Land gut. Jedes mittelgroße Dorf hat einen Laden, den man oft an den auffälligen Werbeschildern der Telefongesellschaften erkennt. Dieser bietet dann zumindest Grundnahrungsmittel (Brot, Nudeln, Reis, Linsen, Bohnen, Bier, Wodka und ein paar Konserven), Eis, Getränke, Kekse und Bonbons in allen Variationen. Frisches gibt es meist nur das, was in der Umgebung gerade geerntet wird. Bis auf Trockenfrüchte und Nüsse für unser Müsli kaufen wir alles unterwegs ein und so transportieren wir Essen immer nur für ein paar Tage.
Wasser ist schon eher ein Problem. Im August ist es sehr trocken, durch Gewitter wird so mancher Bach zur “Schokoladensoße”, und in manchen Gegenden ist das Wasser ganz versiegt. In den Dörfern stehen entlang der Straßen meist Brunnen. Sie sind alle einheitlich gebaut und stammen wahrscheinlich aus der Sowjetzeit. Wenn sie funktionieren, dann gibt es fantastisches kaltes Wasser, das wir immer direkt getrunken haben. Es gibt aber auch Dörfer, in denen die Wasserversorgung inzwischen bis in die Häuser geführt wurde und alle Brunnen im Dorf verfallen sind. Wir haben dann einfach bei Bewohnern gefragt und mussten nie verdursten! Außerhalb haben wir das Wasser aus Bächen aber meist gefiltert, denn Tiere und deren Hinterlassenschaften gibt es überall.
Leider hat auch Kirgistan ein Müllproblem. Auf den entlegensten Weiden findet man PET-Flaschen, Plastiktüten und leere Wodkaflaschen: Gerade diese oft als Scherbenhaufen und wir wundern uns, dass wir bis zum Schluss keinen Plattfuß hatten.
Das Wetter haben wir auch im August als recht wechselhaft erlebt, was aber auch sehr davon abhängig ist, in welcher Höhenlage man sich gerade befindet. Ein Tag mit Nachtfrost kann bis mittags über 30 Grad heiß werden. Wir sind viele Tage in T-Shirt und Sandalen unterwegs gewesen, an anderen Tagen waren Mütze und Handschuhe fast zu wenig. Oft haben sich bis zum Nachmittag bedrohliche Gewitterfronten mit einem entsprechenden Wind aufgebaut, aber geregnet hat es bei uns immer nur nachts.

So, aber nun geht es los:
Früh am Morgen radeln wir durch das erwachende Bishkek zum Bahnhof “Bishkek 2” (es gibt auch den kleineren Bahnhof “Bishkek 1”, der aber von unserem Zug nicht bedient wird). Die Fahrkarten bekommt man nur eine halbe Stunde vor Abfahrt direkt im Bahnhof. Mit dem Google Übersetzer klappt es ganz gut (50 Som pro Person, 69 Som pro Rad) und so beginnen wir um 6:40 Uhr in einem als historisch zu bezeichnenden Zug die ca. 5 stündige Fahrt zum Issyk Kul. Die Räder werden an den Beginn des ersten Wagons gepackt. Der Zug fährt nur im Sommer und nur einmal am Tag und ist ziemlich voll, alles Kirgisen, die der Hitze der Stadt entfliehen wollen. Langsam rumpeln wir in dem immer heißer werdenden Zug durch die abgeernteten Getreidefelder und dann eine lange Schlucht bis Ribatsche (Рыбачье) bei Balykchy, die Endstation der Bahnstrecke zum Issyk Kul. Nicht weit vom Seeufer beginnen wir in dieser etwas trostlosen Gegend unsere Radtour.

Die Teerstraße entlang des Südufers des ca. 180 km langen Issyk Kul ist geteert. Die erste Etappe ist flach und wir müssen uns erst an den wirklich teils sehr schlechten Teer und die wenigen, aber schnell fahrenden Autos und Minibusse gewöhnen. Es ist auch hier über 30 Grad heiß, so dass wir schon bald das erste Mal baden gehen. Das Wasser ist leicht salzhaltig, meist klar und angenehm warm und die vorhandenen Sandstrände werden auch gerne von den Kirgisen genutzt. Die Landschaft wechselt von sehr trockenen Bereichen zu saftig grünen Feldern und Aprikosenbäumen. Entscheidend dafür ist, ob Wasser aus den Bergen über Bewässerungskanäle herangeführt werden kann. Die teils vergletscherten Berge begleiten uns von Anfang an. Sie sind aber oft ab mittags in dunkle Gewitterwolken gehüllt.

Die zweite Etappe führt uns über den ersten kleinen Pass, Keksken Pass (2070 m). Früh morgens ist deutlich weniger Verkehr und wir können die sehr trockene und faszinierende Landschaft und die anschließende Abfahrt Richtung Bokonbayevo auf gutem Teer genießen. In diesem quirligen Ort versorgen wir uns mit Lebensmitteln und suchen uns bald danach den nächsten Strand, um die heiße Mittagszeit am und im Wasser zu verbringen. Der weitere Abschnitt am See entlang wirkt etwas touristischer, doch manches wurde einmal groß aufgebaut und verfällt nun. Kurz vor Tamga finden wir dann einen schönen Campspot direkt am See.
Dann geht es in die Berge. In den nächsten Etappen werden wir das Tian Shan Gebirge auf bis zu fast 4000 m hohen Pässen überqueren.

Sonnenaufgang am Issyk Kul

schwarz = Zugfahrt, blau = Radtour, Marker = Übernachtungen

Etappen:
Bishkek – Issyk Kul (Zug) -> ca. 170 km
1. Balykchy – Kara Talaa -> 42 km, 140 hm
2. Kara Talaa – Tamga -> 95 km, 700 hm

zu Teil 2 – Vom Issyk Kul nach Naryn

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