Island – Bikepacking durch Vulkane und Gletscher

Headerbild Island

August 2017

Radroute durch Island

Radroute durch Island

1500 km

14000 hm

21 Tage

1 Platten


Wasserfälle an der Südküste

Vor 28 Jahren sind wir schon einmal mit dem Rad durch Island gefahren. Dieses Mal ist unser Sohn dabei und wir sind gespannt, wie sich das Land seit dem verändert hat.

Ein Flug mit Fahrrädern ist immer spannend. Wir hatten die Räder bei Iceland Air angemeldet (und extra bezahlt), trotzdem erfährt man nicht ganz genau, wie sie zu verpacken sind. Da wir schon in München zum Flughafen radeln, scheidet eine Kartonverpackung aus. Wir umwickeln die Rahmen mit Luftpolsterfolie, montieren die Pedale ab und stellen die Lenker quer. Damit klappt das Einchecken erstaunlicherweise problemlos und die Räder können als Spezialgepäck noch gerollt werden.

In Keflavik angekommen nehmen wir die Räder unbeschadet in Empfang. Es gibt außerhalb des Terminals sogar eine “Bike Box” mit Werkzeug. So sind wir schnell startklar und wir fahren nach dem ersten Einkauf schon bald durch die Lavafelder nach Grindavik an die Südküste. Der Campingplatz ist zwar ziemlich voll, aber im Nachhinein ist es der schönste Platz des ganzen Südwestens.

Auf dem Weg nach Grindavik

Am kommenden Tag geht es bei Schauerwetter entlang der Küste nach Osten. Den Abstecher zum Geothermal Gebiet Seltun kürzen wir über eine kleine Schotterstraße ab. Dann treffen wir bei den brodelnden Schlammtöpfen zum ersten Mal auf Besuchermassen. Von einem vollen Parkplatz aus kann man auf einer kleinen Runde die bunten Mineralienablagerungen, Dampflöcher und heißen Quellen bestaunen.
Es geht weiter nach Osten, bis wir beim Hildarvatn auf eine kleine Schotterstraße biegen über die wir zur Lavahöhle Amarker kommen. Hier sind wir alleine und steigen in die kalte, ca. 500 m lange Höhle hinab. Vor allem die metallischen Deckenstrukturen sind interessant. Am Abend geht es noch nach Hveragerði. Der Campingplatz ist nichts Besonderes.

Dafür aber die Wanderung, die wir am nächsten Tag im Reykjadalur unternehmen. Auch wenn hier viel los ist, ist es trotzdem etwas Einmaliges nach einer 45-minütigen Wanderung in einem Bach mit heißem Wasser zu sitzen. Richtig aufgewärmt fahren wir mittags auf die Ringstraße.

Durch den isländischen Feiertag (immer am 1. Montag im August) gibt es ein langes Wochenende und dementsprechend viel Verkehr. Es kommt uns eine endlose Schlange von Autos und Campern entgegen. Und die, die uns überholen, fahren oft gefährlich eng an uns vorbei. Es bleibt aber nur die Ringstraße, um über Selfoss, Hella und Holsvöllur zum Seljalands Foss (Wasserfall) zu kommen. Nach einer etwas eintönigen Kurbelei kommen wir spät am Campingplatz neben dem Wasserfall an. Auch dieser Platz ist teuer und nur minimal ausgestattet.

Am kommenden Tag ist der Verkehr etwas leichter und die Strecke nach Osten entlang der Steilabbrüche am Fuße des Eyjafjallajökull Vulkans spannender. Nach 20 km biegen wir zu den Seljavallalaug Hot Springs ab. Hier wird das heiße Wasser in ein Beton-Schwimmbecken geleitet. Die Szenerie ist fantastisch, aber das Wasser könnte wärmer sein.

Zurück auf der Ringstraße folgt bald der Skogafoss. Dieser ist vor allem aus einiger Entfernung beeindruckend. Am Wasserfall selber wimmelt es von Touristen. Island scheint momentan der Hit zu sein! Uns hält es nicht lange und wir radeln weiter nach Vík í Mýrdal, wo wir gerade noch vor dem großen Regen das Zelt aufbauen. Der Campingplatz wird bis abends rammelvoll. Entsprechend drängelt es sich in der Küche, die nur unzureichende Sitzgelegenheit bietet. Es regnet und stürmt bis in die Nacht.

Doch der nächste Tag bringt wieder Sonnenschein bei allerdings stürmischem Wind. Nachdem wir am Black Sand Beach die Papageientaucher nur über uns fliegen gesehen haben, kaufen wir im einzigen Supermarkt die letzten Vorräte für die Fahrt ins Hochland ein. Dann trägt uns der Wind auf der Ringstraße weiter nach Osten. Irgendwann wird dann aber der Rückenwind leider zum Gegenwind und aus lockeren 31 km/Std werden 13 km/Std.! Als Entschädigung haben wir aber fantastische Blicke auf die großen Gletscher.

Flusslandschaft an der Südküste

Der Gletscher Myrdalsjökull (von der Ringstraße)

Durchs Hochland (Sprengisandur)

Mit dem Verlassen der geteerten Ringstraße beginnt die Durchquerung des Hochland. Der Zustand der Schotterpiste verschlechtert sich beinahe mit jedem Kilometer. Zudem macht der starke Wind die Zeltplatzsuche schwierig. Da wir uns noch in landwirtschaftlich genutztem Gelände befinden, ist es gar nicht einfach einen nicht umzäunten, geraden und windgeschützten Platz am besten in der Nähe von Wasser zu finden. An einem Straßendamm werden wir aber fündig und das Plätschern des Bachdurchlaufs begleitet uns in den Schlaf.

Die Strecke nach Landmannalaugar bringt viele Höhenmeter mit einzelnen teils sehr steilen und locker-steinigen Anstiegen, die wir manchmal sogar nur noch schiebend bewältigen können. Aus den anfangs grünen Hügeln werden Berge mit Schneefeldern und schwarz-sandige Ascheebenen. Ab der Hütte Hölaskjöl gibt es zahlreiche Bachquerungen, die wir furten müssen. Sie sind vom Wasserstand gut zu bewältigen, doch das ständige Schuhe-an und Schuhe-aus kostet Zeit.

So sind wir erst am späten Nachmittag an den heißen Quellen des Geothermal Gebietes von Landmannalaugar. Hier ist extrem! viel los. Mitten in der fantastischen Szenerie von mineralien-gefärbten Bergen und alten Lavaströmen gibt es einen großen Parkplatz und eine ganze Zeltstadt. Trotzdem tut es gut sich bei den niedrigen Außentemperaturen in einem natürlichen Becken mit heißem Wasser aufzuwärmen. Auch wenn das 30 andere gleichzeitig genießen.

Da wir einen ruhigen Zeltplatz bevorzugen, ziehen wir um 20 Uhr noch weiter. Zum Glück ist es lange hell, denn aufkommender Gegenwind und der Mangel an Wasserläufen lassen uns noch 2 Stunden weiterradeln, bis wir an einem milchigtrüben Gletscherfluss zwischen Lavasteinen einen brauchbaren Zeltplatz finden.

Bei Gegenwind und mehreren Regenschauern wird der kommende Abschnitt zu einem Tag der Regenbögen. Mit dem Beginn der F26 (Sprengisandur-Route) wird die Strecke deutlich weniger von Autos frequentiert, dafür verschlechtert sich der Zustand der Straße. Es bleibt hügelig mit immer wieder steilen Passagen. Wir haben uns an ca. 10 Kilometer pro Stunde gewöhnt und so suchen wir uns nach ca. 60 km in der Nähe der Pferdestation Versalir eine Übernachtungsstelle. Belohnt werden wir mit Ausblicken auf die Gletscher Hofsjökull und Ausläufer des Vatnajökulls.

Weite, Weite, Weite … auf der F26 (Sprengisandur)

Für den zentralen Teil der Hochlanddurchquerung haben wir bestes Wetter: weiß-blauer Himmel und wenig Wind. Wir rumpeln weitere 60 km über eine holprige Piste, bis wir bei Nyidalur eine Höhe von gut 800 m erreichen und nach zwei größeren Furten am Fuße von frisch verschneiten Bergen unser Zelt aufschlagen. Solange die Abendsonne da ist, können wir den Ausblick auf den Hofsjökull Gletscher genießen. Wenig später wird es wirklich kalt und in der Nacht gibt es sogar Frost.

Neuschnee auf den Bergen bei Nyidalur

Der kommende Tag ist zwar nicht mehr so sonnig, aber wenigstens weht kein starker Wind. Nach weiteren 14 km verlassen wir die F26 und folgen der F752. Diese Verbindungsstraße führt über die Laugafell Hütte nach Varmahliđ an die nördliche Ringstraße. Sie wird von deutlich weniger Autos befahren (wir treffen weniger als 10), ist deshalb schmäler und teils sehr schlecht mit den Rädern zu fahren. Je nach umgebenden Material ist es eine kaum erkennbare Piste mit sandigen oder sehr grob-steinigen Abschnitten. Manchmal müssen wir auch ein kurzes Stück schieben.

Die Landschaft ist aber einzigartig, man fühlt sich teilweise wie auf dem Mond. Und immer haben wir Ausblick auf den Hofsjökull Gletscher zu unserer Linken. Um die warmen Quellen von Laugafell genießen zu können, müssen wir kurz vor der Hütte erneut durch einen eiskalten Bach. Dann sitzen wir mitten im Nichts in 37 °C warmen Wasser. Der aufgekommene Wind und dunkle Wolken lassen uns aber bald wieder weiterziehen. Wir schaffen noch einige km und zwei Furten (eine davon ist die bisher tiefste Furt und quert einen milchig-trüben Gletscherwasserfluss), bis wir im beginnenden Regen das Zelt an einem See aufstellen.

Ruhe im Hochland – an der Abzweigung F26-F752

Der Rest des Hochlandes und die steile Abfahrt ins Tal Vestari-Jökulsa können wir aber am nächsten Tag wieder bei Sonnenschein erleben. Hier gibt es auch wieder grünes Grasland, nach Tagen durch dunkle Stein- und Aschewüste tut das gut. In der Nachmittagssonne erreichen wir den schön gelegenen Campingplatz von Varmahliđ. Die 6-tätige Durchquerung des isländischen Hochlandes ist damit geschafft.

Windiger Nordwesten

Die Einkaufsmöglichkeit in der Tankstellenstation von Varmahliđ ist relativ beschränkt. Es gibt nur das Wesentliche zu ziemlichen hohen Preisen. Es ist aber die einzige Möglichkeit alles Notwendige für die Route nach Holmavik an der Ostseite der Westfjorde einzupacken. Der ursprüngliche Plan, den Weg zum Nordwesten mit dem Bus 140 km lang über die Ringstraße nach Staðarskáli etwas abzukürzen, ging leider nicht auf.

Die staatlichen Busse können bis zu vier Räder mitnehmen. Als der Bus aber in Varmahliđ ankam, hatte er schon 2 geladen und damit die für uns notwendigen 3 Plätze nicht mehr frei. So dürfen wir, bei allerdings bestem Wetter, auf der Ringstraße über den ersten 420 m hohen Pass nach Westen radeln. Der Verkehr ist hier im Norden deutlich erträglicher. Nach der Abfahrt kürzen wir, teils über Schotterstraßen (731, 722, 724), die Ecke von Blönduós ab.

Den Rest der Strecke bis Staðarskáli schaffen wir an einem weiteren Tag bei Rückenwind. Die dortige Tankstellenstation bietet keine nennenswerte Einkaufsmöglichkeit. Der Wind pfeift inzwischen bei einer Hochnebel-Bewölkung und 7 °C beständig aus Norden. Wir schaffen es noch bis zum kleinen Campingplatz Borðeyri, der wenigstens Schutz vor dem ca. 40 km/Std Wind bietet.

Holmavik, die nächste Einkaufsmöglichkeit im Nordwesten liegt nun 105 km und einige Pässe und Fjorde nördlich von uns. Da nur für den Vormittag etwas weniger Wind angesagt ist, versuchen wir es mit einem frühen Start. Ab 7 Uhr kämpfen wir gegen den beständigen Nordwind an. Wirklich weniger als am Vortag ist er nicht. Bei 30-40 km/Std Gegenwind brauchen wir für 10 km teils über eine Stunde. Zudem nieselt es immer wieder. Selbst im Windschutz, den es auf dieser Strecke kaum gibt, können wir uns nicht aufwärmen.

Zwei einsame Fjorde sind zu umfahren und zwei Pässe (einer mit sehr steilem Schotter) sind zu überwinden bis wir nach über 12 Stunden die 105 km und 1400 hm geschafft haben und in Holmavik auf dem Campingplatz eintreffen. Wir sind alle der Meinung, dass dies der härteste Radtag unserer Karriere war.

Der weitere Weg nach Ísafjördur ist mit dem Bus geplant. Nach den letzten Erfahrungen melden wir uns vorher über die Touristeninfo telefonisch an und verbringen dann die Zeit bis zur Abfahrt in der warmen Küche des Campingplatzes. Es windet einen weiteren Tag beständig aus Norden. Am Abend verlassen wir Holmavik bei kühlen 4 °C!

Die Räder werden in einen Anhänger des Kleinbusses geladen und auf der zügigen Fahrt über einen Pass und entlang mehrerer großer Fjorde gehörig durchgeschüttelt (und dabei mehr in Mitleidenschaft gezogen als während des Fluges nach Island). Die Fahrt ist, wie alles in Island, nicht gerade billig: 3 Stunden Busfahrt kosten 7000 ISK pro Person und noch einmal die Hälfte pro Rad (damit rund 85 Euro pro Radler). In der Dämmerung kommen wir bei tiefhängenden Wolken auf dem schönen Campingplatz Tungudalur 2 km außerhalb von Ísafjördur an.

Westfjorde

Endlich scheint die Sonne wieder und alle Fjordberge sind zu sehen. Die kurze Runde durch den Hauptort der Westfjorde, Isafjörður, dauert nicht länger als der anschließende Einkauf im Bonus Supermarkt außerhalb, auf dem Weg hinauf zum Tunnel. Vor allem, da nachts ein Kreuzfahrtschiff im Fjord geankert hat und nun portionsweise Touristen ausgelassen werden. Der Tunnel ist schon etwas Besonderes. Man darf diesen einspurigen, beleuchteten Tunnel mit dem Rad befahren und muss nur nach 2 km IM Tunnel die richtige Abzweigung nehmen. Danach strampelt man weitere 4 km durch die Röhre. Es folgt eine flotte Abfahrt hinab in den Önundarfjorður.

Fjordende bei Isafjördur

Bei strahlendem Sonnenschein machen wir Pause an einer Picknickbank. Dann bekommen wir Besuch von einem Fatbike-Tourenradler aus Portland, Oregon, USA. Er ist schon seit vielen Jahren mit dem Rad auf Island unterwegs. Nach dem angeregten Gespräch ändern wir unsere Reiseplanung, denn er empfiehlt uns den Svalvogarvegur, eine Schotterpiste, die in 50 km eine gesamte Landzunge zwischen zwei Fjorden umrundet. Dankbar für den Tipp machen wir uns zunächst auf den Weg über den nächsten Pass, die Gemlufallsheiði, 270 m. Er ist gut geteert und so erreichen wir auch bald Þingeyri auf der anderen Seite des Dýrafjörður.

Dort beginnt die Schotterpiste, die einsamst und teils spektakulär in die Bergflanken gebaut mit jedem Kilometer wilder wird. Sie erreicht bald die Qualitäten einer Hochlandpiste, lässt sich aber durchgehend mit dem Rad bewältigen. In ständigem Auf und Ab folgt die Piste immer der Küstenlinie. An der Spitze suchen wir uns eine Zeltstelle und genießen den Blick in die totale Abgeschiedenheit der Fjorde.  Nachdem das Wetter tagsüber sehr gut war, hoffen wir auf eine klare Nacht und Polarlichter. Wir stellen den Wecker, doch leider sind Cirren-Wolken aufgezogen und wenn man keine Sterne sehen kann, wird man auch keine Polarlichter sehen.
Am folgenden Tag benötigen wir noch einige Stunden, bis wir die Straße 60 wieder erreichen. An manchen Stellen fahren wir dabei direkt am Rande des Strandes, was heute, bei gutem Wetter und Ebbe, aber kein Problem darstellt.

Fjorde, Svalvogavegur

Einsamer Strand, Svalvogavegur

Auf der Straße 60 ist der Schotter sehr gut zu fahren, stellenweise gleicht er einer Betonbahn. Wir umrunden den Fjordgrund und nach einer kleinen Anhöhe mit einem schönen Ausblick auf die Fjorde erreichen wir den Dynjandi Wasserfall. Über mehrere Kaskaden und oben sehr breit stürzt hier das Wasser in die Tiefe. Es sind die Ausmaße, die diesen Wasserfall besonders machen. Am Fuße des Wasserfalls gibt es einen Parkplatz mit Picknickplatz. An diesem ist es für Wanderer und Radfahrer erlaubt, eine Nacht zu campen. So etwas sollte es häufiger geben! Es gibt Wasser, Toiletten, eine schöne Wiese und der Wasserfall bietet eine tolle Geräuschkulisse. Nachdem das letzte Auto abgefahren ist, haben wir zusammen mit einem Wanderer den Wasserfall für uns alleine. Da weit und breit kein Haus zu sehen ist, wäre auch dieser Platz sehr gut geeignet in der Nacht ungestört Polarlichter zu sehen. Doch erneut haben wir kein Glück, nachts ist der Himmel wolkenbedeckt.

Fjord am Dynjandi Wasserfall

Nachts war es mit 6 °C erneut recht kühl. Die gleich am Morgen zu bewältigenden Steigungen auf der Strasse 60, die uns in zwei Stufen auf fast 500 m bringen, lassen uns aber schnell warm werden. Die Abfahrt nach Flókalundur an der Südküste der Westfjorde weist guten Schotter auf. Durch den Fahrtwind ausgekühlt freuen wir uns auf die nur ca. 500 m von der Abzweigung der 62 gelegenen heißen Quelle. Hellulaug ist ein direkt am Strand gelegenes natürliches Becken, in dem mehrere Personen gleichzeitig baden können und das mit 37 °C sehr angenehm ist. Das Wasser ist vergleichsweise sauber. Es ist wenig los und der Blick über den Strand und die bei Ebbe große Gezeitenzone ist einmalig. So verbringen wir über eine Stunde im heißen Wasser. Wir haben gut Zeit, denn die Anlegestelle der Baldur-Fähre ist nur 6 km entfernt und die Fähre fährt erst um 19:30 Uhr ab. Die Tickets muss man in einem Restaurant kaufen (5760 ISK, ca. 46 Euro pro Person, die Räder kosten nichts). Bei sehr ruhiger See geht es dann später in gut 3 Stunden nach Süden auf die Halbinsel Snæfellsnes. Zwischendrin stoppt die Fähre an der Insel Flatey. Es ist nicht viel los auf der Fähre und innen ist es angenehm warm. In der Dämmerung kommen wir in Stykkishólmur an und finden einige Kilometer südlich etwas abseits der Straße 54 eine geeignete Zeltstelle.  Heute ist es mit unseren Nudeln wirklich spät geworden, doch wenigstens das Wetter sieht für diese Nacht vielversprechend aus und so hoffen wir erneut auf Polarlichter.

Im Westen

Unsere Zeltstelle ist fast perfekt. Es ist kein Ort in der Nähe, wenn da nicht die beiden Scheuen in der Landschaft stehen würden, die beide ein völlig unnötiges Licht außen haben. Der Wecker klingelt um 0:30 Uhr zum ersten Mal. Um diese Jahreszeit wird es noch nicht komplett dunkel, doch wir sehen Sterne und irgendwann erkennen wir auch die ersten flackernden Lichter am Himmel. Fantastisch, wir sehen Polarlichter! Insgesamt stehen wir im Stunden-Abstand noch zwei Mal in der Nacht auf, in der Hoffnung, die Polarlichter noch besser erleben zu können. Die Lichtphänomene verändern sich andauernd und sind mit dem Auge übrigens nicht so intensiv grün, wie man sie von Fotos kennt. Trotzdem ist es faszinierend, die ständig wechselnden Polarlichter beobachten zu können. Zu manchen Zeiten scheint der ganze Himmel über dem Westen Islands zu flackern.

Nach dieser „unruhigen“ Nacht kommen wir erst spät los und radeln im Sonnenschein über einen nur 200 m hohen Pass auf die Südseite der Snæfellsnes Halbinsel. Vor allem am Beginn der Strecke geht es durch eine farbenfrohe Vulkanlandschaft. Die weitere Strecke Richtung Borgarnes folgt sehr eben der Straße 54, eine gute Teerstraße, deren Verkehr nicht zu störend ist. Außerdem haben wir meist Rückenwind, die Sonne scheint und am Ende gibt es schöne Ausblicke auf den Langjökull Gletscher in der Ferne. Wir kommen gut voran und unterbrechen die flotte Fahrt nur an einer weiteren heißen Quelle. Ca. 1 km abseits der Straße erreicht man über eine kleine Schotterstraße die Quellen von Landbrotalaug. An zwei Stellen kann man sich ins heiße Wasser setzen, die eine ist aber nur für 2 Personen und war nicht „frei“, die andere enthält schlammiges Wasser, das mit 42 °C gerade noch auszuhalten ist. Verwöhnt von den bisherigen Quellen, baden wir hier nur kurz.
Nach 100 km erreichen wir Borgarnes gerade noch bevor der Supermarkt schließt. Der sehr sparsam ausgestattete Campingplatz am Beginn des Ortes liegt zwar sehr nahe an der verkehrsreichen Ringstraße, doch direkt am Fjord finden wir noch eine schöne Stelle. Es ist erstaunlich viel los.

Vulkangebiet Kothraunskula im Westen Islands

Vulkangebiet Kothraunskula

Durch die späten Öffnungszeiten des Bonus Supermarktes kommen wir wieder erst spät los. Wir wollen aber noch einmal ins Hochland und benötigen Vorräte für die restlichen Tage unserer Route. Das Wetter ist wieder fantastisch. Nach zum Glück nur wenigen Kilometern auf der Ringstraße geht es über die Straße 50 nach Nordwesten bis wir auf die wohl vor kurzem erst zum großen Teil geteerte Straße 52 abbiegen. Völlig ohne Verkehr geht es flach 20 km durch ein schönes Flusstal. Erst am Ende steigt die Straße etwas an und der Schotter beginnt. Heute hat die Sonne so viel Kraft, dass wir tatsächlich in nur knielangen Hosen und T-Shirts radeln. Und so brauchen wir die heiße Quelle von Krosslaug gar nicht zum Aufwärmen, sondern nur zum Genießen. Zum Glück ist wenig los, denn das Naturbecken in einem kleinen lichten Birkenwäldchen ist wirklich klein. Mit 3-4 Personen ist es voll. In der Nachmittagssonne heizt uns das 42 °C heiße Wasser so auf, dass wir teils nur die Füße hineinhängen können. Weiter geht es über die 52 bis zur F550. Ca. 1 km nördlich der Abzweigung steht eine weithin sichtbare Not-Hütte, die wir als Radler für eine Nacht benutzen wollen. Wir sind alleine in der Hütte, die sich durch die Sonne des Tages richtig erwärmt hat und wir genießen es, Schutz vor dem schon wieder aufgekommenen kalten Wind zu haben. Als wir in der Nacht erneut nach Polarlichter schauen sind wir überrascht, dass wir von dichtem Nebel umgeben sind. Es sind wohl die ersten Anzeichen des Herbstes.

So fahren wir auch am nächsten Morgen in einer feuchten Nebelsuppe über die F338 weiter. Die Piste hat Hochlandcharakter und ist stellenweise durch die Lavaasche sehr locker und schlecht zu radeln. Verfahren kann man sich nicht, da die Strecke immer einer Stromleitung folgt. Erst am frühen Nachmittag, als wir die Lava-Ebenen südlich des Langjökull Gletschers erreichen, lichtet sich der Nebel und gibt einen fantastischen Blick auf den Gletscher und die umliegenden Berge frei. Die Piste bleibt aber schlecht und nach der Abfahrt in die 200 m tiefer liegende Ebene im Osten wird sie sogar noch schlechter. Da werden wir als Radfahrer noch einmal richtig gefordert und müssen auch noch zweimal furten. Wir sind mehr als 7 Stunden unterwegs, um nach 50 km auf die geteerte 35 zu treffen. Bis dahin waren wir fast alleine unterwegs. Erst nach 3 Stunden treffen wir das erste Auto und insgesamt werden es auf der Strecke nur 5.

Langjökull - Der große Gletscher im Westen

Langjökull – Wüste und Gletscher entlang der F338

Das ändert sich schnell, als wir nach wenigen Kilometern am Gullfoss ankommen. Der Parkplatz ist voll. Es gibt eine Baustelle für ein erweitertes Besucherzentrum und es wimmelt an Leuten. Da es inzwischen spät ist und noch etwas Nachmittagssonne da ist, können wir aber trotzdem den sich in der Gischt bildenden Regenbogen an diesem mächtigen Wasserfall genießen.
Nur wenige Kilometer weiter wartet das nächste Highlight. Der Geysir. Er liegt in einem geothermal Gebiet, in dem es mehrere heiße Töpfe, Fumarolen mit bunten Mineralienablagerungen gibt und eben den einzigen regelmäßig tätigen Geysir, den Strokkur. Alle 8-10 Minuten lässt der überhitze Dampf das Wasser mehrere Meter hoch hinaufschießen. Da es schon spät geworden ist, ist nicht mehr viel los. Wir stehen zwar neben lauter heißem Wasser, das man anschauen kann, aber der Abend ist kühl und so wollen wir alle bald zu einem Campingplatz und etwas Heißes essen. In der Hoffnung, dass wenigstens der nächste Campingplatz eine heiße Dusche bietet, radeln wir noch 8 km weiter auf der Straße 37 bis nach Úthliđ. Leider ist dieser Platz noch bescheidener ausgestattet als der Campingplatz neben dem Geysir. Eine Wiese, eine Toilette und kaltes Wasser.

Der nächste Tag ist grau. Es gibt zwar nur einen kleinen Schauer, doch die Berge sind alle in Wolken gehüllt. Wir radeln auf der Straße 37 nach Laugarvatn und ab dort auf der 365 und 361 in den Nationalpark ƥingvellir (UNESCO Weltkulturerbe). Nach dem Gullfoss und dem Geysir wird uns hier die Entwicklung im Vergleich zu unserer Tour vor 28 Jahren am Deutlichsten. Auf Grund der Besuchermassen gibt es nun große Parkplätze, Picknick Bänke, fest angelegte Bretterwege und in einer mit glasklarem Wasser gefüllten Erdspalte kann man unter Anleitung und natürlich gegen Eintritt schnorcheln. Damals sind wir noch völlig alleine auf einem kleinen Pfad durch diese grüne Gegend gegangen. Trotzdem ist die Umgebung beeindruckend. Wir bekommen einen schönen Eindruck von dieser Grabenbruchzone, vor allem auf dem Weg durch die Schlucht Almannagjá. Dass sich hier 900 Jahre lang die Bewohner zu einer Art ersten Parlament versammelt haben, kann man nur erahnen, denn es gibt keine wirklichen historischen Hinterlassenschaften.

Panorama Pingvellir

Blick über den Pingvallavatn

Da wir an diesem Tag noch bis Reykjavik kommen müssen, schwingen wir uns bald wieder auf die Räder. Nach einem letzten kleinen Pass rollen wir auf der Straße 36 der Hauptstadt Islands entgegen. Dank unseres GPS finden wir auch den Weg zum Campingplatz, der direkt in der Innenstadt liegt. Die großen Straßen lassen sich dabei umgehen und auf einigen Stücken nutzen wir einen Radweg, der leider nicht gut ausgeschildert ist. Der Campingplatz ist eine Zeltstadt. Wir schaffen es gerade noch vor dem Regen unser Zelt aufzubauen und versuchen dann einen Platz in dem viel zu kleinen überdachten Bereich der Küche zu finden. Dafür ist der Preis groß (fast 18 Euro/Person und Nacht, hier ist schon der 10% Discount für Radfahrer abgezogen). Ein teurer, überfüllter Stadtcampingplatz, aber wenigstens inklusiv warmer Dusche.
Wenig später hört der Regen wieder auf. Da es für den kommenden Tag noch schlechter angesagt ist, absolvieren wir noch am Abend eine kleine Stadtrundfahrt mit dem Rad: Hafen, Altstadt, die berühmte „Beton“-Kirche Hallgrímskirkja. An einem grauen und kalten Abend reicht uns das als Eindruck.

Der letzte Tag unserer Reise ist leider tatsächlich so wie in der Wettervorhersage. Regen und stürmischer Wind aus Südwesten. Gegen Mittag bauen wir das nasse Zelt ab und begeben uns auf den Weg. Bis wir aus der Stadt herauskommen, gibt es immer noch einmal Windschutz von Gebäuden (dafür gibt einige Hügel in der Stadt), aber dann trifft uns der Wind voll von schräg hinten. Auf der äußerst befahrenen Strasse 41, die zum Glück einen großen Seitenstreifen hat, werden wir vom Regen zum Flughafen gepeitscht. Zeitweise „hängen“ wir schräg auf dem Rad um den Wind auszugleichen. Als Gegenwind wäre es unfahrbar gewesen. Wir treffen sogar Radfahrer, die aufgegeben haben und zurückschieben. Trotz guter Regenausrüstung kommen wir durchnässt und ausgefroren am Flughafen Keflavik an und fühlen uns wie „gekärchert“. Als wir dann auch noch entdecken, dass das unter der „Bike Box“ versteckte Verpackungsmaterial (Seesäcke für die Taschen und Luftpolsterfolie für die Räder) verschwunden ist, sinkt die Stimmung endgültig. Von ankommenden Radlern bekommen wir aber ausreichend Material, um die Räder wieder flugtauglich zu verpacken. Das Einchecken klappt damit auch problemlos. Da es draußen weiter stürmt und regnet, wird uns der Abschied von Island sogar leicht gemacht, denn in Deutschland wartet sommerliches Wetter auf uns.

Ausrüstung

Wir werden nicht von Sponsoren unterstützt! Die Markennamen werden nur genannt, um euch entsprechende Infos weiterzugeben und sind somit keine Werbung oder Empfehlung.

Räder

  • 26erAlurahmen (no-name)
  • Shimano LX/XT 3×9 Antrieb (22/32/44, 12-36)
  • Shimano LX/XT Felgenbremsen
  • Racktime/Blackburn Gepäckträger hinten
  • RFR Gepäckträger vorne
  • Ortlieb Classic Gepäcktaschen hinten
  • Ortlieb Ultimate Lenkertaschen
  • Ortlieb Packsäcke für Zelt, Stühle, Schlafsäcke

Wohnen

  • Zelt: MSR Mutha Hubba
  • Vorzelt: Eigenkonstruktion
  • Matten: ThermaRest Prolite
  • Schlafsack: The North Face, Blue Kazoo (Daune)
  • Stühle: Helinox Chair Zero

Kochen

  • Optimus Nova Benzinkocher
  • MSR Quick 2 System Topfset

Unsere Route durch ISLAND

BLAU = Rad-Route durch Island
GRAU = Bus-/Fährfahrt
ZELT = Biwakstellen (Hinweis: Die Biwakstellen markieren nur die “ungefähren” Bereiche, in denen wir einen geeigneten “Platz” gefunden haben)


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